Stephan Russ-Mohl setzt sich in seinem Artikel mit den Risiken moderner Kommunikationstechnologien auseinander und fragt nach den Ursachen für die Vertrauenskrise des Journalismus. Er konstatiert einen Wandel von der Aufmerksamkeitsökonomie zu einer Desinformationsökonomie, in der es sich für bestimmte Akteure rechnet, vor allem über die sozialen Netzwerke massiv Falschmeldungen, Konspirationstheorien und anderen „Bullshit“ zu verbreiten.
Das Phänomen des Populismus beherrscht die politische Debatte und fordert weiterhin die Sozialwissenschaften heraus. Drei, in ihrem Anspruch und Stil unterschiedliche Werke, die das Forschungsfeld bereichern, stellt Jan Achim Richter in diesem Literaturbericht ausführlich vor: ein Handbuch zum Stand der Forschung („Political Populism“), eine essayistische Betrachtung des Verfalls der politischen Sprache („Der Sound der Macht“) sowie eine Art Selbstversuch zu Meinungsbildungsprozessen in sozialen Medien und deren Auswirkungen auf die Demokratie („Fake statt Fakt“).
Der Politikwissenschaftler Benjamin Moffitt sieht im Erstarken des Populismus ein globales Phänomen. In seinem Buch entwickelt er ein Konzept, mit dem Populismus als politischer Stil betrachtet werden kann: Sein Augenmerk richtet sich weniger auf Parteien und Strömungen, sondern auf einzelne Persönlichkeiten und Politiker, die sich als Darsteller auf der Bühne der modernen Medienlandschaft als Anwalt der „einfachen“ Leute inszenieren und gleichzeitig als Führungsfigur gesehen werden wollen. Der Autor arbeitet eine klare Verbindung zwischen der Renaissance des Populismus und der medialen Inszenierung von Politik heraus.
„Das Zeitalter des Populismus“ ist angebrochen. Für Bernd Stegemann, Professor für Dramaturgie in Berlin, sind die Zeichen eindeutig: Trump, Brexit und Wahlsiege rechtspopulistischer Parteien in Europa. Die üblichen Lösungsvorschläge – politisches Handeln besser zu erklären, die Rechtspopulisten auszugrenzen oder sie durch Integration in bestehende Strukturen zu entzaubern – greifen seiner Ansicht nach aber zu kurz. Er fordert in seinem Essay eine grundsätzlichere Auseinandersetzung mit den aktuellen Krisensymptomen: Die einzige Lösung liege in der Selbstkritik des Liberalismus.
Wir leben nach Ansicht der Philosophin und Publizistin Carolin Emcke in einem Zeitalter der Ausgrenzung und in einem Klima des Fanatismus. Dem Hass fehle jede rationale Grundlage, aber auf die komme es angesichts gefühlter Realitäten auch gar nicht an. Dieser überall spürbaren Kultur gegenseitiger Herabwürdigungen und Demütigungen – in virtuellen wie in realen Foren – stellt sie ihr Plädoyer für menschliche Toleranz und ein offenes, humanes Miteinander entgegen. Das Buch beruht auf ihrer Dankesrede für den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, der ihr 2016 verliehen wurde.
Auf welchen Annahmen beruht populistisches Denken? Der Philosoph Daniel-Pascal Zorn setzt sich mit den argumentativen Strategien der Populisten auseinander und prüft deren Aussagen mit den Mitteln der Logik: Im Gegensatz zum vernunftbasierten demokratischen Denken basiert populistisches und totalitäres Denken auf empirisch und logisch nicht begründbaren Behauptungen. Feindbild-Konstruktionen und das Schwarz-Weiß-Denken von Populisten, ihr Anspruch auf die alleinige Wahrheit und ihre Opferhaltung entlarvt Zorn so als unlogische Setzungen, die Anknüpfungspunkte für die Auseinandersetzung mit Populisten bieten.
Die Nachhaltigkeit steht im Zentrum der Auseinandersetzung über eine zukunftsorientierte, ökologische und ressourcenorientierte Form des Wirtschaftens und Zusammenlebens. Daniela Gottschlich geht in ihrer Dissertation davon aus, dass Nachhaltigkeit nur weitergedacht gedacht werden kann, wenn diese als Diskurs verstanden wird. Im Mittelpunkt steht dann die Frage, was Nachhaltigkeit aus kritisch-emanzipatorischer Perspektive überhaupt heißen kann. Sie identifiziert Elemente eines emanzipatorischen und transformativen Verständnisses, das sie als kommende Nachhaltigkeit bezeichnet.
Warum gelingt es rechtspopulistischen Parteien in Europa, Wähler*innen zu mobilisieren und öffentliche Debatten zu beeinflussen? Zwei Bücher geben Aufschluss: „Rechtspopulismus und Hegemonie“ von Marius Hildebrand sowie „Rechtspopulismus im Spiegel der niederländischen Presse“ von André Krause.
Dirk von Gehlen untersucht hier ein populäres (Klein-)Format, an dem auch das Politische im Netz längst nicht mehr vorbeikommt. Dabei stellt er unter anderem vier größere Entwicklungslinien innerhalb der öffentlichen (digitalen) Debatte vor, die auch Memes als Bestandteile der politischen Kommunikation auszeichneten: Popularisierung, Polarisierung, Personalisierung und Prozess, so unser Rezensent Michael Kolkmann. Das Internet habe damit einen spezifischen digitalen Dialekt entwickelt, dessen Voraussetzungen und Funktionsweisen der Autor kurzweilig und kreativ zu behandeln verstehe.
Donald Trump mag eine singuläre Gestalt sein, der Wahlerfolg hat dennoch eine Vorgeschichte. Torben Lütjen schlüsselt sie in seinen Büchern „Politik der Echokammer“ und „Partei der Extreme: Die Republikaner“ auf; nimmt man die Erkenntnisse von Elisabeth Wehling über politisches Framing hinzu, wird die Entkernung des amerikanischen Konservatismus politikwissenschaftlich erklärbar.
In diesem Digirama sind Berichte, Interviews und Artikel versammelt, in denen es um Erscheinungsformen des Populismus und die Ursachen für den anhaltenden Erfolg populistischer Parteien und Bewegungen geht. Ebenso wird die Frage nach dem konkreten Umgang mit Populisten aufgegriffen: Einbinden oder Ausgrenzen? Für beide Handlungsoptionen gibt es triftige Argumente, die sich in den Beiträgen widerspiegeln.
Transnationale Netzwerke sind ein allgegenwärtiges und schwer zu bestimmendes Phänomen, ihre Anzahl wird weltweit auf 2.000 geschätzt. Fritz R. Glunk gibt einen Einblick in ihre Strukturen und Arbeitsweisen. Im Mittelpunkt seiner Analyse steht dabei das Spannungsverhältnis zwischen der mangelnden demokratischen Legitimation dieser oftmals informell entstehenden Regelungswerke und der Staatlichkeit. Ein Gegenwicht zu dieser schleichenden Entdemokratisierung zulasten nationaler Parlamente könne in der Stärkung von demokratischen Zusammenschlüssen auf transnationaler Ebene liegen.
Georg Seeßlen betrachtet Donald Trump aus kultursoziologischer Perspektive als ein Phänomen. Der neue Präsident erscheint so als Sinnbild einer popkulturellen Entwicklung, die sich in erster Linie im Film- und Fernsehgeschäft niedergeschlagen hat. Als deren Produkt tritt Trump gleichermaßen als Elite und Underdog auf. Insgesamt ist dieser Analyse immer noch die Schockstarre durch den Wahlsieg anzumerken.
Annalena Baerbock, Hillary Cliton, Angela Merkel – wann immer Frauen nach der Macht streben, entsteht eine Debatte darüber, ob Politikerinnen in den Medien einen schwereren Stand haben als ihre männlichen Kollegen. Wir haben Jürgen Maier von der Universität Konstanz-Landau dazu interviewt, wie sich ein solcher Verdacht wissenschaftlich überprüfen ließe. Auch darum, wie sich politische Kommunikation in den letzten Jahren verändert hat und ob Frauen und Männer Emotionen bei der Vermittlung politischer Botschaften unterschiedlich einsetzen, geht es in unserem Interview.
Unser Lebensstil scheint massiv bedroht zu sein. Der Wissenschaftler, Publizist und Initiator der Stiftung „FuturZwei“ Harald Welzer antwortet darauf mit seinem Buch, das sich als Manifest für eine moderne Gesellschaft liest, die dem Rechtspopulismus trotzt und sich weiterentwickeln will. Karl Popper steht Pate bei dem Gedanken, dass nur die gelebte Demokratie der überzeugende Gegenentwurf zu totalitären Utopien sein kann. Dennoch kann Welzer mit seinem Appell insofern nicht völlig überzeugen, als er zum einen pauschal Rechtsextreme wie Protestwähler als Andere subsumiert und zum anderen die sozialen und wirtschaftlichen Probleme in der Gesellschaft relativ gering gewichtet.
Facebook ist ein politisches Medium, so lautet die These Jaime Settles. Allerdings wirke der Mechanismus, den sie aufdeckt, anders, als es sich die meisten von uns vorstellen. Das scheinbar Unpolitische auf Facebook könne hochpolitisch werden und wesentlich zur Polarisierung beitragen. In ihrem Fokus steht die Mehrheit der Menschen in den Vereinigten Staaten, die sich selbst als politisch mäßig oder gar desinteressiert bezeichnet. Vor allem diese Menschen sind im Vergleich zu früher heute stärker polarisiert, wofür sie vor allem Facebook verantwortlich macht.