Skip to main content
Georg Hajdas

Adam Mickiewicz – Die Bedeutung der Sprache für die polnische Nation

Marburg: Tectum Verlag 2010 (Politikwissenschaften 28); 328 S.; pb., 29,90 €; ISBN 978-3-8288-2354-9
Diss. Duisburg-Essen; Gutachter: C.-E. Bärsch, R. W. Sonnenschmidt. – Unter den wenigen in Deutschland bekannten polnischen Schriftstellern und Denkern ist Adam Mickiewicz der wohl prominenteste, aber auch er dürfte hierzulande nur mehr dem Fachpublikum bekannt sein. Vielleicht mag es daran liegen, dass eine Beschäftigung mit seinem aus Lyrik, Dramen und politischer Publizistik bestehenden Werk umfangreiche Kenntnisse der polnischen Geschichte, der (deutschen) Philosophie, der Sprachwissenschaften, der Theologie und der Mystik voraussetzt. Hajdas, der die genannten Disziplinen zu verknüpfen weiß, hat sich in dieser Studie auf die Spurensuche nach den geistesgeschichtlichen Grundlagen des Mickiewicz’schen Denkens und nach der Bedeutung der Sprache für eine Nation begeben, die über nahezu das gesamte 19. Jahrhundert eine staatenlose war. Für Mickiewicz, dessen Paris-Vorlesungen (1840/44) hierin besondere Aufmerksamkeit erfahren, war das „Denken [...] an das Sprechen und das Sprechen an das Denken gebunden“ (59), wobei die Sprache selbst ein menschliches und ein göttliches Element enthielt. Im Schweigen sah er die Sprache Gottes, woran recht schnell deutlich wird, dass eine zum Schweigen verdammte – weil durch Russland besetzte – Nation in sich eine Art Berufenheit fühlen und diese auf Begriffe wie Freiheit oder Vaterland projizieren und ausleben kann. „Bei A. Mickiewicz ist die Sprache als Kirche der Leib, der als Literatur das Haupt feiert und erst von hier aus das politische bestimmt“ (300), so das Ergebnis des Autors, dem es gelingt, das Denken Mickiewicz’ plausibel zu rekonstruieren. In der in zwei Hauptteile gegliederten Arbeit befasst sich Hajdas unter anderem mit dem Zusammenhang von Denken, Sprechen und Empfinden, mit den christozentrischen und mystischen Orientierungsmotiven der polnischen Sprache sowie mit dem Symbol der Zwillinge und der Bedeutung des Baumsymbols. Dabei sind die Gedanken Jacob Böhmes, Saint-Martins und Swedenborgs ebenso wichtige Stationen wie die Bücher der Bibel und Texte der deutschen Philosophie, die zitatenreich wiedergegeben, aber leider nicht immer kritisch reflektiert werden.
Michael Vollmer (MV)
M. A., Politikwissenschaftler, wiss. Mitarbeiter, Professur für Politische Theorie und Ideengeschichte, TU Chemnitz.
Rubrizierung: 5.33 | 2.61 | 2.23 Empfohlene Zitierweise: Michael Vollmer, Rezension zu: Georg Hajdas: Adam Mickiewicz – Die Bedeutung der Sprache für die polnische Nation Marburg: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33443-adam-mickiewicz--die-bedeutung-der-sprache-fuer-die-polnische-nation_40019, veröffentlicht am 30.03.2011. Buch-Nr.: 40019 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken