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Wolfgang Braungart

Ästhetik der Politik, Ästhetik des Politischen. Ein Versuch in Thesen

Göttingen: Wallstein Verlag 2012 (Das Politische als Kommunikation 1); 190 S.; brosch., 9,90 €; ISBN 978-3-8353-1002-5
Braungarts schmaler Band ist ein „Versuch in 14 Thesen“ (7). Darin geht es ihm um „den umfassenderen, das Institutionelle überschreitenden Kommunikationsraum des Politischen“ (13). Diejenigen, die mit Fragen der Ästhetik der Politik beziehungsweise des Politischen als Teil der politischen Kommunikationsforschung nicht vertraut sind, dürften stellenweise Schwierigkeiten haben, dem Autor zu folgen, da er streckenweise voraussetzungsvoll argumentiert. Allerdings überzeugt der Band durch sprachliche Schönheit, viele anregende Gedanken und konkrete Beispiele zum Verhältnis zwischen Politik und Sprache sowie zur symbolisch-ästhetischen Bedeutung von Politik. Nachvollziehbar ist z. B. Braungarts Argumentation bezüglich des Verhältnisses zwischen den Künsten und der Politik. Seit jeher bezögen sich die Künste auf „das politische, kulturelle und gesellschaftliche Imaginäre, auf Mythen, Vorstellungen, Ideen und Konzepte des ‚Ganzen‘“ – und damit auf das, „was alle angeht und allen gemeinsam ist“ (32). Deshalb komme der politische Diskurs ohne ästhetische Steuerungselemente sowie Instrumentalisierungsversuche der Künste durch die Politik nicht aus. In diesem Kontext sei auch die Religion ein „wichtiges kulturelles und ästhetisches ‚Reservoir‘ für die politische Kommunikation“ (39). Darüber hinaus werde die Ästhetik des Politischen durch eine performative Dimension geprägt. Darunter versteht Braungart das, was andernorts verschiedentlich als Aktionismus der politischen Akteure kritisiert wird. Denn „die Performanz des Politischen ist notwendig, damit erfahrbar wird: Es geschieht hier Bedeutsames“ (87). Dazu werden immer wieder Bilder und Imaginationen erzeugt. Aber auch sprachliche Bilder, wie Allegorien, Metaphern und Witze, prägen maßgeblich die Ästhetik des Politischen. Dass es bei der Nutzung solcher Stilmittel durch die Politik immer wieder zu mehr oder minder gravierenden Fauxpas kommt, veranschaulicht Braungart an diversen Beispielen. Neben dem Sender, der auf diese spezifischen Sprachelemente zurückgreift, bedarf es auch aufseiten der Empfänger einer „kollektiven Einbildungskraft“ (119), um solche Bilder zu entschlüsseln. Daneben wird der Sender jedoch nur durch Authentizität überzeugen können. Denn „je offensiver und offensichtlicher das Politische die Inszenierungsmöglichkeiten der Medien für sich in Anspruch nimmt, desto mehr wächst das Bedürfnis nach Authentizität“ (159). In Zeiten einer rasanten Virtualisierung der politischen Kommunikation scheint dieser Hinweis von besonderer Bedeutung.
Henrik Scheller (HS)
Dr. phil., Dipl.-Politologe, wiss. Mitarbeiter, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät, Lehrstuhl Politik und Regieren in Deutschland und Europa, Universität Potsdam.
Rubrizierung: 5.42 | 5.41 | 2.22 | 2.23 | 2.331 | 2.35 Empfohlene Zitierweise: Henrik Scheller, Rezension zu: Wolfgang Braungart: Ästhetik der Politik, Ästhetik des Politischen. Göttingen: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35136-aesthetik-der-politik-aesthetik-des-politischen_42297, veröffentlicht am 05.07.2012. Buch-Nr.: 42297 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken