Skip to main content
Thomas Freiberger

Allianzpolitik in der Suezkrise 1956

Göttingen: V&R unipress 2013 (Internationale Beziehungen. Theorie und Geschichte 11); 651 S.; geb., 74,99 €; ISBN 978-3-8471-0031-7
Diss. Bonn; Begutachtung: J. Scholtyseck, H. Biermann. – Mit der Suezkrise von 1956 widmet sich Thomas Freiberger einem Ereignis, das zur ersten Belastungsprobe der noch jungen NATO wurde. Konkret geht es dem Autor darum, sowohl die bislang kaum erforschten allianzinternen Dynamiken und politischen Interessenkonflikte aufzuzeigen als auch die tatsächliche Bedeutung der Suez‑Episode selbst zu analysieren. Im Mittelpunkt stehen die Beziehungen zwischen den drei Hauptmächten der NATO (USA, Großbritannien und Frankreich) im Zeitraum von Januar 1956 bis Mai 1957. Ausgehend von den Hypothesen, dass „Krisen zwischen Bündnispartnern der Lackmustest einer jeden Allianz sind“ (14) und dies auch für Auseinandersetzungen außerhalb des eigentlichen Bündnisgebietes gilt, untersucht Freiberger die Allianzpolitik jeweils in einem eigenen Kapitel vor, während und nach der Krise. So offenbart die Rekonstruktion der Ereignisse unter anderem, wie sich die Suez‑Krise angesichts der unterschiedlichen Haltungen von London, Paris und Washington zur „Bühne für eine klassische Aufführung des so genannten alliance security dilemma“ (253) entwickelte. Die französische und britische Befürwortung einer militärischen Intervention und die ablehnende Haltung der USA gegenüber dieser Vorgehensweise führte demnach anlässlich der Drei‑Parteien‑Gespräche in London im Sommer 1956 zur Angst bei den Allianzmitgliedern, entweder – wie im Falle Washingtons – im Rahmen der NATO in eine nicht gewollte Konfrontation hineingezogen oder – wie im Falle Frankreichs und Großbritanniens – hierbei allein gelassen zu werden. Freibergers Augenmerk gilt auch dem Argument, dass Handlungen von politisch Verantwortlichen durch deren persönliche Erfahrungen, Überzeugungen und Wahrnehmungen beeinflusst werden. Deutlich wird dies bereits im ersten Kapitel über die bündnispolitischen Erwägungen der Entscheidungsträger der drei Staaten im Vorfeld der Krise. Während den Amerikanern Eisenhower und Dulles, den Briten Eden und Lloyd und den französischen Entscheidern Mollet und Pineau demnach gemeinsam ist, dass sie „ihre prägenden Jahre in der an Katstrophen reichen ersten Hälfte des Zwanzigsten Jahrhunderts“ (47) durchlebt haben, unterscheiden sich ihre Erfahrungen und Lebenswege trotzdem stark voneinander. Vor diesem Hintergrund erklärt Freiberger ihre Handlungen und bündnispolitischen Kalküle auch mit individuellen und interpersonellen Faktoren wie Persönlichkeit, Emotionen, Vertrauen und Freundschaft. Obgleich diese „mit empirischen Mitteln häufig schwer zu greifen“ (602) seien, können sie laut Freiberger dennoch zur Erklärung des Verhaltens von Entscheidungsträgern und der Prozesse von inter‑alliance bargaining beitragen.
Christian Patz (CPA)
M.A., Politikwissenschaftler, wiss. Mitarbeiter, Institut für Sozialwissenschaften, Fachbereich Politikwissenschaft, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.
Rubrizierung: 4.412.634.224.32.612.64 Empfohlene Zitierweise: Christian Patz, Rezension zu: Thomas Freiberger: Allianzpolitik in der Suezkrise 1956 Göttingen: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37742-allianzpolitik-in-der-suezkrise-1956_43565, veröffentlicht am 06.11.2014. Buch-Nr.: 43565 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken