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Eva C. Schweitzer

Amerikas Schattenkrieger. Wie uns die USA seit Jahrzehnten ausspionieren und manipulieren

München/Berlin/Zürich: Piper 2015; 400 S.; 22,99 €; ISBN 978-3-492-05686-1
Der Untertitel könnte auch lauten: „Wie wir uns von den USA seit Jahrzehnten ausspionieren und manipulieren lassen“ – denn zu dieser Geschichte gehören zwei Beteiligte und auch das Zulassen einer Aktivität kann eine eigene Entscheidung sein. Das wird etwa deutlich angesichts der nur mäßigen Aufregung in der Bundesregierung darüber, dass das Mobiltelefon der Kanzlerin von der NSA abgehört wurde. Die Publizistin Eva C. Schweitzer entfaltet in ihrem gründlich recherchierten Sachbuch die Vorgeschichte der aktuellen Abhöraktionen, die unter anderem durch Wikileaks und die Snowden‑Papiere der Öffentlichkeit bekannt geworden sind. Diese Geschichte ist verquickt mit den seit spätestens dem Ersten Weltkrieg andauernden und immer wieder auch erfolgreichen Versuchen staatlicher Stellen, die öffentliche Meinung im eigenen und in anderen Ländern zu beeinflussen – erste Schritte in diese Richtung unternahmen unter anderem die Briten, die die USA zum Kriegseintritt bewegen wollten. Den Schwerpunkt der Darstellung bilden die vielfältigen und umfangreichen Propagandaaktionen der USA, die nicht unbedingt die öffentliche Mehrheitsmeinung oder den demokratisch gefundenen Willen spiegeln, sondern entlang von Überzeugungen einer Elite ausgerichtet sind. Breiten Raum nimmt die politisch intendierte Arbeit der Filmindustrie in Hollywood ein, die in den 1930er‑Jahren mehrheitlich erst versuchte, sich mit dem NS‑Regime gut zu stellen, dann aber zur Anti‑Nazi‑Propaganda‑Maschine wurde. Als ein Beispiel für die selektive Wahrnehmung, die daraus folgte, verweist Schweitzer auf das filmische, publizistische und politische Ignorieren von Holocaust und Widerstand gegen Hitler während und lange nach dem Zweiten Weltkrieg, der Stauffenberg‑Film von Tom Cruise sei nur eine sehr späte Ausnahme. Ausführlich beleuchtet wird auch die Arbeit transatlantischer Interessengruppen, ZEIT‑Herausgeber Josef Joffe wird hier einmal mehr nicht als unabhängiger Journalist, sondern als Sprachrohr dezidiert US‑amerikanischer Interessen beschrieben. Ihm und anderen wirft Schweitzer eine gezielte Manipulation der öffentlichen Meinung vor. Sie belegt dies mit Zeitungsartikeln von Publizisten, die etwa für Denkfabriken arbeiten, in der deutschen Presse aber ohne entsprechende Hinweise veröffentlichen. Für die USA selbst stellt Schweitzer ein Personalkarussell zwischen Denkfabriken, Regierungsbehörden und Medien fest. Auch zahlreiche Beispiele von Zensur und gezielten Aktionen wie die Umbenennung der French Fries in Freedom Fries, weil Frankreich nicht mit in den Irak‑Krieg ziehen wollte, werfen die Frage auf, in welchem Umfang vor allem die US‑amerikanischen Medien ihre Rolle als vierte Gewalt tatsächlich ausfüllen.
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Rubrizierung: 2.642.212.224.224.14.412.312.333 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Eva C. Schweitzer: Amerikas Schattenkrieger. München/Berlin/Zürich: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38935-amerikas-schattenkrieger_47561, veröffentlicht am 01.10.2015. Buch-Nr.: 47561 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken