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Sascha Stanicic

Anti-Sarrazin. Argumente gegen Rassismus, Islamfeindlichkeit und Sozialdarwinismus

Köln: PapyRossa Verlag 2011 (Neue Kleine Bibliothek 171); 168 S.; 11,90 €; ISBN 978-3-89438-477-7
Die sozialistische Diskussion der Thesen von Thilo Sarrazin („Deutschland schafft sich ab“, 2010, siehe Buch-Nr. 39460) geht in die nächste Runde. Stanicic hat nun schon die zweite Auflage seines „Anti-Sarrazin“ publiziert. Dabei erhebt er „nicht den Anspruch, eine wissenschaftliche Abhandlung [zu schreiben], sondern stellt eine politische Gegenargumentation dar, die sich auf wissenschaftliche Erkenntnisse stützt“ (12). Die Ankündigung einer politischen Gegenargumentation sollte für die Lektüre ernst genommen werden. Denn eine das gesamte Buch durchziehende und für Stanicic unverrückbare politische Tatsache ist die einer immer noch bestehenden Klassengesellschaft, in der sich die Interessen von Arbeitern und Bourgeoisie diametral gegenüberstehen. Stanicic versucht mithilfe dieser Weltanschauung Sarrazin als zum „kapitalistischen Establishment“ (20) gehörend zu entlarven, das aus bestehender Armut und sozialer Ungleichheit individuellen Reichtum ziehe. Durch den strategischen Einsatz von rassistischen und nationalistischen Argumentationen trage die deutsche Bourgeoisie sogar noch dazu bei, die soziale Ungleichheit in Deutschland zu manifestieren und ihre dahinter stehenden bürgerlich-kapitalistischen Interessen zu verbergen. „Wenn den deutschen ArbeiterInnen und Erwerbslosen erfolgreich eingetrichtert wird, dass sie mit den Bossen von Siemens und Daimler gemeinsame ‚deutsche‘ Interessen haben, dann wird es für eben diese Bosse einfacher sein, weiterhin Lohnverzicht durchzusetzen und dadurch ihre Profite zu steigern“ (23). Sehr wohl weist Stanicic auch auf die erheblichen Schwächen in der Argumentation Sarrazins hin, deckt seine statistischen Lügen auf, widerlegt die pauschal unterstellte Bildungsferne und den angeblich grundsätzlich nicht vorhandenen Integrationswillen von Muslimen. Der „Anti-Sarrazin“ ist aber zuvorderst eine marxistische Deutung der Sarrazin-Thesen, eine scharfe Kritik an Hartz IV, am Afghanistan-Einsatz, an den parlamentarischen Beschlüssen zum Ausländerrecht und eine Abrechnung mit dem Kapitalismus insgesamt.
Ines Weber (IW)
M. A., Politikwissenschaftlerin (Kommunikationswissenschaftlerin, Psychologin), wiss. Mitarbeiterin, Institut für Sozialwissenschaften, Christian-Albrechts-Universität Kiel.
Rubrizierung: 2.35 Empfohlene Zitierweise: Ines Weber, Rezension zu: Sascha Stanicic: Anti-Sarrazin. Köln: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34268-anti-sarrazin_41128, veröffentlicht am 06.10.2011. Buch-Nr.: 41128 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken