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Simon Stratmann

Armutspolitik in Deutschland – Konzepte und Konflikte im Parteienwettbewerb. Studie zur Parteiprogrammatik seit den 1980er Jahren

Opladen u. a.: Verlag Barbara Budrich 2015 (Parteien in Theorie und Empirie 6); 390 S.; 46,- €; ISBN 978-3-8474-0666-2
Politikwiss. Diss. Trier; Begutachtung U. Jun, G. Mielke. – Der politische Umgang mit Armut sei ein wichtiger „Indikator für die Repräsentation des demokratischen Systems“ (20), schreibt Simon Stratmann. Vor diesem Hintergrund fragt er, wie Armutsthematiken von politischen Parteien aufgegriffen, konzeptionalisiert und vermittelt werden. Für seine Untersuchung verknüpft er die qualitative Programmanalyse mit Ansätzen der Armutsforschung und des Parteienwettbewerbs. Auf der Basis von Wahl‑ und Grundsatzprogrammen aller seit den 1980er‑Jahren im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien untersucht der Autor die Auseinandersetzung mit Armut und die dahinter liegenden Wertekonflikte, Interessenlagen, Handlungsstrategien und Machtfragen. Für die Inhaltsanalyse differenziert Stratmann das Armutsthema entlang der Kategorien Formen und Ursachen von Armut, Maßnahmen gegen Armut sowie Normen und Leitbilder von Armut. Anhand der armutspolitischen Positionierungen werden zudem die Beziehungen zwischen den verschiedenen Parteien und den Parteilagern offengelegt, wobei Stratmann eine Konfliktmatrix zugrunde legt, die zum einen eine sozioökonomische Achse zwischen Markt und Staat sowie zum anderen eine soziokulturelle Konfliktlinie zwischen Meritokratie und Egalitarismus ausweist. In dem so aufgespannten Rahmen verlagern sich die Argumentationen und Deutungsmuster im Zeitverlauf. Waren die 1980er‑Jahre noch von „Identitätsfindung und Neuordnung“ (141) durch den Regierungswechsel 1982, den Strategiewandel der FDP und den Eintritt der Grünen in das Parteiensystem geprägt, so brachten die 1990er‑Jahre eine zunehmende „Lagerbildung und Polarisierung“ (175) mit sich. Die sozioökonomischen Problemlagen infolge der deutschen Einheit und das Auftreten eines neuen parlamentarischen Akteurs erhöhten den Stellenwert der Armutsthematik im Parteiensystem. Für die dritte Periode des Untersuchungszeitraums, 1998 bis 2012, zeigt der Autor, dass das Thema Armut den Parteien als zentraler Bezugspunkt dient, um „grundlegende gesellschaftspolitische Vorstellungen und Ziele […] nach innen und außen“ (318) zu verhandeln. Im Ergebnis kann Stratmann somit eine Entwicklung „vom latenten zum manifesten Armutskonflikt“ (323) ausmachen. Dabei „vollzieht sich in der politischen Programmatik der Parteien ein deutlicher Trend zur Formulierung mehrdimensionaler Perspektiven auf das Thema, eine Tendenz zur Verwissenschaftlichung armutspolitischer Probleme und zur Ausdifferenzierung der programmatischen Positionen“ (334).
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Rubrizierung: 2.3422.3312.3132.315 Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Simon Stratmann: Armutspolitik in Deutschland – Konzepte und Konflikte im Parteienwettbewerb. Opladen u. a.: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39225-armutspolitik-in-deutschland---konzepte-und-konflikte-im-parteienwettbewerb_47423, veröffentlicht am 07.01.2016. Buch-Nr.: 47423 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken