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Noreena Hertz

Armutszeugnis. Warum Schulden die Welt gefährden. Aus dem Englischen von Stefan Gebauer

Berlin: Econ 2005; 304 S.; geb., 19,95 €; ISBN 3-430-14336-5
Trotz diverser Schuldenerlasse ist die Belastung der Entwicklungsländer durch Zins- und Tilgungszahlungen an westliche Kreditgeber weiterhin ein erhebliches Hindernis für den Aufbau stabiler wirtschaftlicher und politischer Strukturen. Hatz schildert, wie die Vereinnahmung der Dritten Welt durch die Antagonisten im Ost-West-Konflikt zu einer stetigen Ausweitung von Krediten führte, ohne jegliche Rücksicht auf wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Mit dem Ende des Konflikts habe der Westen zwar das Interesse an den Staaten der Dritten Welt verloren, aber trotzdem auf der Rückzahlung der Schulden bestanden. Hartz sieht in dieser Entwicklung nicht nur eine Katastrophe für die Entwicklungsländers, sie stellt auch unmissverständlich fest, dass der Westen sich selbst schadet: „Die Geschichte der Kreditpolitik ist auch die Geschichte der vollkommenen Unfähigkeit der westlichen Regierungen, ihre langfristigen Sicherheitsinteressen richtig einzuschätzen.“ (51) Wir füllten im Grunde die falschen Taschen, unterstützten allzu oft Diktatoren und dienten durch staatliche Exportkredite in erster Linie der eigenen Rüstungsindustrie oder den Banken, die aus rein kommerziellen Gründen und im Vertrauen auf staatliche Rückendeckung unverantwortlich hohe Kredite vergeben. Wenn das daraus entstehende Elend in den Schuldnerstaaten den Westen nicht zur Umkehr bewegt, so sollten die Gefahren für die Industrienationen selbst diese eigentlich zum Handeln zwingen, meint Hartz. Die Risiken für das Weltfinanzsystem seien erheblich und die Instabilität mancher Schuldnerstaaten führe zu wachsendem Migrationsdruck, der die Konflikte direkt zu uns trage. Ein einfaches Patentrezept hat auch Hartz nicht anzubieten. Sie plädiert keineswegs für einen bloßen Schuldenerlass. Sie befürwortet vielmehr ein Konkursverfahren für Schuldnerstaaten, ist sich aber bewusst, dass es große Widerstände gegen diese Idee gibt. Insgesamt ist das Buch eine lehrreiche Lektüre für alle, die sich in das Thema einarbeiten wollen. Experten werden darin eher wenig Neues finden.
Walter Rösch (WR)
M. A., Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 4.43 | 4.45 | 4.2 Empfohlene Zitierweise: Walter Rösch, Rezension zu: Noreena Hertz: Armutszeugnis. Berlin: 2005, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/24055-armutszeugnis_27685, veröffentlicht am 16.08.2007. Buch-Nr.: 27685 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken