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Joachim Krause / Erwin Häckel

Auf dem Weg zur nuklearen Anarchie? Die mangelhafte Sicherheit waffenfähiger Spaltmaterialien in Rußland und der GUS

Bonn: Europa Union Verlag 1998 (Arbeitspapiere zur internationalen Politik 99); IV, 79 S.; 14,- DM; ISBN 3-7713-0556-X
Im April 1997 wurde vom Forschungsinstitut der DGAP – in Kooperation mit dem Forschungszentrum Jülich – eine zweitägige Konferenz in Bonn veranstaltet, an der russische, amerikanische und deutsche Experten und Regierungsvertreter sowie Repräsentanten internationaler Organisationen teilnahmen. Die Konferenz bildete den Ausgangspunkt für diese Studie, die sich mit vier Fragenkomplexen auseinandersetzt: 1. Wie sind die Risiken und Gefahren der Abzweigung waffengrädiger Materialien einzuschätzen? 2. Was hat Russland bisher unternommen, um diesen Risiken zu begegnen und wie effektiv waren diese Bemühungen? 3. Was hat die Staatengemeinschaft getan, um Russland sowohl bilateral als auch multilateral zu helfen? 4. Welche Rolle spielt Deutschland dabei und welche Rolle sollte es spielen? Die Ergebnisse der Studie können angesichts der verheerenden Meldungen über den Zustand der russischen Armee und der russischen Gesellschaft nicht überraschen, sind aber gleichwohl als sehr besorgniserregend zu bezeichnen. Die Risiken der Entwendung waffenfähiger Spaltmaterialien aus Russland können Krause und Häckel zufolge gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. "Die Möglichkeiten, daß Terroristen, organisiertes Verbrechen oder Problemstaaten in Rußland oder anderen früheren Sowjetrepubliken an Waffenmaterialien gelangen, sind heute sehr groß." (78) Russland bemüht sich seit 1992 um die Verbesserung der Materialsicherheit, stößt dabei aber an Grenzen, die durch Geldmangel sowie den generell hohen Grad der Desorganisation gegeben sind. Ohne ausländische Hilfe wird Russland nicht in der Lage sein, sein Nuklearmaterial zu sichern. Die Rolle Deutschlands bei den Bemühungen um die Verbesserung der Sicherheit waffenfähiger Nuklearmaterialien in Russland und anderen GUS-Ländern schätzen die Autoren angesichts des Umfangs der dabei zu bewältigenden Probleme und Risiken sowie der technologischen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit als "ausgesprochen bescheiden" ein (78). Inhalt: I. Risiken und Probleme der nuklearen Sicherheit im Gebiet der früheren Sowjetunion: 1. Die Risiken: a) Verlust, Entwendung oder unautorisierte Explosion von Kernwaffen; b) Entwendung waffenfähiger Kernmaterialien; c) Entwendung von Waffenmaterial aus der Abrüstung; d) Bestrahltes Kernmaterial aus der zivilen Kernenergienutzung. 2. Gibt es eine Nachfrage nach waffenfähigem Material?; 3. Prioritäten der Abhilfe. II. Die russischen Bemühungen um die Verbesserung der Sicherheit von Kernwaffen und waffenfähigen Materialien: 1. Das nukleare Sicherungssystem in der Sowjetunion; 2. Bemühungen Rußlands um eine Reform der nuklearen Sicherheit; 3. Implementierungsprobleme. III. Internationale Hilfe: 1. Die Hilfsprogramme der USA: a) Abrüstungshilfe im Rahmen des CTR-Programms; b) Programme zur Sicherung, Bilanzierung und Kontrolle nuklearer Materialien; c) Konversion und Demilitarisierung der Industrie; d) Das HEU-Abkommen. 2. Unterstützung durch die IAEO; 3. Hilfe durch die Europäische Gemeinschaft; 4. Sonstige bilaterale Hilfe. IV. Die internationale Verantwortung Deutschlands.
Sven Christian Singhofen (SCS)
M. A., Doktorand, Institut für Sozialwissenschaft (Bereich Politikwissenschaft), Universität Kiel.
Rubrizierung: 2.62 | 4.41 Empfohlene Zitierweise: Sven Christian Singhofen, Rezension zu: Joachim Krause / Erwin Häckel: Auf dem Weg zur nuklearen Anarchie? Bonn: 1998, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/8047-auf-dem-weg-zur-nuklearen-anarchie_10644, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 10644 Rezension drucken