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Max Reinhardt

Aufstieg und Krise der SPD. Flügel und Repräsentanten einer pluralistischen Volkspartei

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2011; 628 S.; 99,- €; ISBN 978-3-8329-6575-4
Diss. Hannover; Gutachter: M. Vester. – Reinhardt nimmt sich ausgiebig Raum für eine detaillierte Introspektion der deutschen Sozialdemokratie. Allerspätestens nach der Bundestagswahl 2009, bei der die Partei auf gerade einmal 23 Prozent der Stimmen kam, wird auch parteiintern kaum noch geleugnet werden können, dass es mit der einst so stolzen Arbeiterpartei nicht zum Besten steht. Was ist das sozialdemokratische Projekt des 21. Jahrhunderts, was ist das Alleinstellungsmerkmal sozialdemokratischer Politik? Solche Fragen zu stellen ist gerade angesichts der gegenwärtigen Krise der deutschen – wie im Übrigen auch der europäischen – Sozialdemokratie überlebenswichtig. Reinhardt verfolgt in seiner Analyse der SPD nach 1945 – deren Geschichte er detailliert im zweiten Kapitel aufbereitet – die Frage, „ob sich die parteiflügel- und milieuübergreifende Repräsentationsfähigkeit der SPD und ihrer Spitzenpolitiker gewandelt“ (33) hat. Nachdem die SPD sich mit dem Parteitag von Bad Godesberg 1959 in Abkehr vom Marxismus für breite Wählerschichten öffnete, sieht Reinhardt diesen Prozess der Öffnung heute nicht mehr ohne Weiteres gegeben. Als Indikator für diese abnehmende Bereitschaft zur Öffnung, also für die Tendenz einer abnehmenden Repräsentationsfähigkeit der Partei, fokussiert Reinhardt analytisch auf deren höchste Repräsentanten: „Die Repräsentationsfähigkeit der SPD wird [...] anhand von Biographien von Spitzenpolitikern der Nachkriegs- und der Urenkelgeneration untersucht“ (42). Diese herausgehobenen Personen markieren um sich eine Art „Machtfeld“ (44), anhand dessen sich spezifische Arrangements von Themenfeldern mit Blick auf die Gesamtpartei identifizieren lassen. Je homogener das Spitzenpersonal dabei aufgestellt sei, desto deutlicher würde auch die thematische Verengung einer Partei, die dann wegen der Parteiführung, nicht aber wegen der Parteibasis, in der Krise stecke. Dass die SPD sich in einer Krise befindet und dass diese noch lange nicht überwunden ist, daran besteht für Reinhardt kein Zweifel: „Die SPD kann ihre Krise nur überwinden, wenn sie sich der Mehrheit der Wähler wieder öffnet und ihrer Funktion als Partei des Sozialstaates, der Emanzipation und Partizipation wieder gerecht wird.“ (563) Es steht zu hoffen, dass Reinhardts detailreiche und spannende Analyse in der SPD – aber auch in der Parteienforschung – die ihr gebührende Beachtung findet.
Matthias Lemke (LEM)
Dr. phil., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.331 | 2.313 | 2.315 | 2.3 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Max Reinhardt: Aufstieg und Krise der SPD. Baden-Baden: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34138-aufstieg-und-krise-der-spd_40945, veröffentlicht am 01.09.2011. Buch-Nr.: 40945 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken