Der Band enthält eine große Anzahl kurzer Glossen Werner Seppmanns, die im unmittelbaren Umfeld seiner theoretischen Arbeiten zu Subjektivität, Entzivilisierung und Krise im Kapitalismus entstanden sind. Es geht ihm sowohl um eine Charakterisierung der neuen antikapitalistischen Bewegungsformen als Reaktion auf Prekarisierungs‑ und Ausgrenzungserfahrungen als auch um eine Kritik der Armutsforschung und der Sozialstrukturanalyse. Spiegelbildlich würden beide den ökonomischen beziehungsweise den Klassencharakter sozialer Ausgrenzung verkennen. Seppman weist die Verschärfung von Konkurrenzverhältnissen, den gestiegenen Aufwand zur Reproduktion der Verhältnisse, modernisierte Regulationsweisen und den Fall der Profitrate als Ursachen für die Entwicklung des Neoliberalismus aus. Gerade die Armuts‑, Krisen‑ und Herrschaftserfahrungen von Protagonisten, die sich nicht unmittelbar in einem kapitalgesteuerten Produktionsprozess befinden (prekäre Universitätsangestellte, Kulturschaffende, internationale Konflikte, Opfer asymmetrischer Kriegsführung), könnten vor diesem Hintergrund besser verstanden werden. Theorieformen, die diesen Herausforderungen dagegen mit einer Abkoppelung von Herrschafts‑ und Machtverhältnissen begegnen, erteilt Seppmann eine Absage: „[A]uch wenn die Vermittlungsschritte […] durch die Aufblähung der Finanz‑ und Spekulationssphäre verwickelter geworden sind, ist der elementare Zusammenhang von Arbeit und Ausbeutung nicht verschwunden.“ (26) Die Polemiken gegen die mittlere Reichweite neuer Bewegungen, die Soziologie sowie parteipolitische Initiativen sind schneidend – ohne einiges Vorwissen um die Hintergründe bleiben die Anspielungen auf den „gesellschaftstheoretischen Autismus“ (56) oder die „Nebenkriegsschauplätze“ (58) aber dunkel bis irritierend. Die verlegerische Entscheidung, den Band nur mit Endnoten auszustatten, während die kritisierte Literatur zum Forschungsfeld und die dazu herangezogenen 500 Quellen im Fließtext nicht voll zitiert werden, ist eine kleine Katastrophe.