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Sonja Steier (Hrsg.)

Bildungspolitik und Bildungsfinanzierung in Russland zwischen Staat und Markt. Mit Beiträgen von Gerlind Schmidt, Sonja Steier und Christine Teichmann

Münster u. a.: Waxmann Verlag 2005 (Studien zum Bildungswesen mittel- und osteuropäischer Staaten 2); 145 S.; brosch., 14,90 €; ISBN 978-3-8309-1603-1
Drei ausgewiesene Expertinnen für die russische Bildungspolitik analysieren in diesem Band anhand des Bildungswesens die Probleme staatlicher Institutionen im Transformationsprozess. Seit dem Ende der Sowjetunion sind in Russland völlig neue Wege der Finanzierung des Schul- und Hochschulwesens gegangen worden. Anfang der 90er-Jahre und insbesondere mit der einsetzenden Finanzkrise reagierte die russische Regierung mit einem radikalen Umbau des Bildungswesens auf marktwirtschaftlicher Basis. Dem Rückgang der staatlichen Zuwendungen auf zwischen 15-40 % dessen, was die Bildungseinrichtungen benötigten, sollte durch das Recht entgegengewirkt werden, selbstständig Mittel einzuwerben und zu erwirtschaften. Hinzu kam eine Dezentralisierung der Verantwortung für Schulen und Hochschulen auf die regionale und lokale Ebene – jedoch ohne eine entsprechende Erhöhung des Budgets. Der partielle Rückzug des Staates aus der finanziellen und administrativen Verantwortung führte zu einer Unterfinanzierung von Schulen und Hochschulen, verbunden mit der Privatisierung und Kommerzialisierung von Bildung. Seit der Wahl von Wladimir Putin zum Präsidenten im Jahr 2000 wird die staatliche Bildungspolitik als zentraler Bestandteil von wirtschaftlicher Leitungs- und Wettbewerbsfähigkeit propagiert. Über neue föderale Programme und Gesetzesinitiativen wird zwar die liberal-marktwirtschaftliche Umgestaltung systematisch weiter vorangetrieben, die staatlichen Kontroll- und Steuerungsmechanismen werden jedoch im Sinne einer Rezentralisierung ausgebaut. Insgesamt ist den Autorinnen eine überzeugende Einordnung der russischen Reformpolitik in die internationale Debatte um Markfähigkeit, Standardisierung und Deregulierung von nationalen Bildungssystemen gelungen, die auch die Diskussion in Deutschland bereichern kann. Eine ausgezeichnete Kenntnis der aktuellen russischen Diskussion in der Bildungspolitik wird durch kleinere Fehler bei der Beschreibung der Reform des Staatsaufbaus kaum geschmälert.
André Härtel (ANH)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Friedrich-Schiller-Universität Jena.
Rubrizierung: 2.62 | 2.263 Empfohlene Zitierweise: André Härtel, Rezension zu: Sonja Steier (Hrsg.): Bildungspolitik und Bildungsfinanzierung in Russland zwischen Staat und Markt. Münster u. a.: 2005, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/25802-bildungspolitik-und-bildungsfinanzierung-in-russland-zwischen-staat-und-markt_29955, veröffentlicht am 25.06.2007. Buch-Nr.: 29955 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken