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Daniel Trachsler

Bundesrat Max Petitpierre. Schweizerische Aussenpolitik im Kalten Krieg 1945-1961

Zürich: Neue Zürcher Zeitung 2011; 459 S.; 45,- €; ISBN 978-3-03823-670-2
Diss. Zürich; Gutachter: K. R. Spillmann, A. Wenger. – Es kommt nicht oft vor, dass man eine Doktorarbeit kaum aus der Hand legen will. Trachsler hat auf hohem wissenschaftlichen Niveau mit guter Quellenbasis, den Stand der zeitgeschichtlichen Diskussion klug reflektierend und zudem anschaulich formuliert eine politische Biografie des Schweizer Außenministers Max Petitpierre geschrieben. Auf der Grundlage von zum Teil unveröffentlichten Akten aus verschiedenen Archiven untersucht Trachsler das Handeln des Ende 1944 in die Landesregierung gewählten freisinnigen Politikers Petitpierre (1899-1994). Er hatte die Aufgabe, die Schweiz nach 1945 auf dem internationalen Parkett neu zu positionieren – am Ende des Zweiten Weltkriegs war die Schweiz heftigen Vorwürfen ausgesetzt, ihre Neutralität international diskreditiert und das Land als Kriegsgewinnler verschrien. Petitpierre gelang es, die Schweiz aus der drohenden Isolation herauszumanövrieren und ihre Position schon 1946 dank der Unterzeichnung des Washingtoner Abkommens und der Wiederaufnahme von diplomatischen Beziehungen mit der Sowjetunion zu stabilisieren. Petitpierre rettete die international skeptisch beäugte, innenpolitisch aber sehr positiv wahrgenommene Neutralität der Schweiz, indem er ihre außenpolitische Doktrin nach den Grundsätzen der Neutralität und Solidarität ausrichtete. Dies ermöglichte zugleich eine enge wirtschaftliche Kooperation mit dem Westen. Die internationalen Aktivitäten der Schweiz konzentrierten sich auf (durchaus vorteilhafte) wirtschaftliche Kooperation, flankiert von den Guten Diensten zur friedlichen Beilegung von internationalen Konflikten sowie von humanitärem Engagement und technischer Hilfe in Entwicklungsländern. Allerdings erfuhr die Schweiz auch herbe Rückschläge, wie das Scheitern der Krisenvermittlung in der Doppelkrise Suez/Ungarn 1956 deutlich macht. Trachsler stellt als Ergebnis seiner Analyse am Ende der Amtszeit Petitpierres 1961 eine Abnahme des politischen Entscheidungsspielraums und einen Rückgang der Durchsetzungskraft fest, das Vorhaben einer Dynamisierung der Außenpolitik scheiterte letztlich. Petitpierre sah zwar die Neutralität der Schweiz eher als Mittel denn als politisches Ziel der Schweiz zur Wahrung ihrer Souveränität, gleichwohl wurde er immer mehr zum Gefangenen seiner Doktrin, bei der die Neutralität immer stärker fast als Selbstzweck überhöht in den Mittelpunkt der Betrachtung rückte.
Burkard Steppacher (BKS)
Prof. Dr., Konrad-Adenauer-Stiftung; Forschungsinstitut für Politische Wissenschaft und Europäische Fragen, Universität zu Köln (http://www.jeanmonnetchair.uni-koeln.de/index.php?id=252).
Rubrizierung: 4.1 | 2.1 | 2.5 | 4.22 Empfohlene Zitierweise: Burkard Steppacher, Rezension zu: Daniel Trachsler: Bundesrat Max Petitpierre. Zürich: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33939-bundesrat-max-petitpierre_40677, veröffentlicht am 08.09.2011. Buch-Nr.: 40677 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken