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Eberhard Czichon / Heinz Marohn

Das Geschenk. Die DDR im Perestroika-Ausverkauf. Ein Report

Köln: PapyRossa Verlag 1999; 547 S.; brosch., 48,- DM; ISBN 3-89438-171-X
Nach Ansicht der beiden Autoren ist die friedliche Revolution in der DDR und die deutsche Wiedervereinigung nicht ursächlich auf die nach demokratischer Beteiligung strebende Oppositionsbewegung und die desolate wirtschaftliche und gesellschaftliche Situation in der DDR zurückzuführen. Vielmehr stellen beide Prozesse das Ende von "ideologischen und diplomatischen Demolierungs-Mechanismen" (7) dar, in deren Ergebnis die "DDR von Gorbatschow 'verschenkt' werden konnte" (8). Perestroika bedeutet hierbei einen massiven ideologischen und materiellen Machtverlust in der sowjetischen Führung, die von amerikanischer Seite aus machtpolitischem Kalkül ausgenutzt wurde und zur Wiedervereinigung führte (45). Czichon und Marohn verweigern sich in ihrer Darstellung konsequent der "'Mainstream Ideologie' der heutigen Gesellschaft" (8), welche versucht, "die DDR, die sich als erster deutscher Arbeiter- und Bauernstaat verstand, als 'Unrechtsstaat' und 'SED-Diktatur' politisch zu diskreditieren" (8). Ihr Gegenentwurf beinhaltet eine Untersuchung politischer und gesellschaftlicher Faktoren in der UdSSR und der DDR der Perestroika-Zeit sowie des internationalen Kontexts. Sie bemühen für ihren Ansatz theoretische Konzepte von Marx, Engels und Lenin, ohne sie jedoch kritisch zu hinterfragen. Quellenmaterial lieferten die Befragung von Zeitzeugen, vornehmlich aus der ehemaligen DDR-Staats- und Parteiführung, und das interne Parteiarchiv der PDS. Aufgrund der Neuartigkeit der Thesen verstehen die Autoren ihr Werk als kontroversen Diskussionsbeitrag, dessen Wert durch die Kritiklosigkeit der Autoren ("Das [der Einigungsprozeß] war eine Demütigung ehemals freier Produzenten durch das nun wieder herrschende Großkapital." [8]), ihrer beständigen Polemik ("Doch welche Vision für die Menschheit sollte der Kapitalismus mit seinem Heer von weltweit 800 Mill. Arbeitslosen auch ausstrahlen?" [8]) und der Wiedergabe ideologischer Platitüden ("Ihr 'aktueller Preis' [der Freiheit] ist die Furcht der Verkäufer von Arbeitskraft, den Arbeitsplatz zu verlieren." [403]) stark in Frage gestellt wird. Über Ideologie ist nur schwer zu diskutieren.
Stefan Göhlert (SG)
M. A., Politikwissenschaftler, Protokollchef und Bürgerbeauftragter in der Verwaltung der Stadt Jena.
Rubrizierung: 2.313 | 4.21 | 4.22 Empfohlene Zitierweise: Stefan Göhlert, Rezension zu: Eberhard Czichon / Heinz Marohn: Das Geschenk. Köln: 1999, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/8614-das-geschenk_11344, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 11344 Rezension drucken