Die Länder des europäischen Nordens erscheinen heute oft als Hort der Glückseligkeit. Zuschreibungen wie Wohlfahrtsstaat, soziale Gerechtigkeit, Höchstmaß an Demokratie und Idylle sind als Charakteristika kaum wegzudenken. Inwiefern dieses positive Bild aber auch der Realität entspricht, wird in diesem Sammelband untersucht. Ein internationales Autorenkolleg fragt deshalb nach dem Spezifikum nordeuropäischer Politik. Hierfür werden innen‑ sowie außenpolitische Felder betrachtet, wobei Schweden, Dänemark und Norwegen den Schwerpunkt ausmachen. Untersuchungen zu Island und Finnland sind in einige Beiträge leider nicht eingeflossen. Die Autor_innen analysieren die Länder überwiegend vergleichend. Dabei wird konstatiert, dass Krisen und Herausforderungen der Globalisierung auch vor Skandinavien nicht halt gemacht haben. Die Politik im europäischen Norden hat daher in den vergangenen Jahren einen steten Wandel durchlaufen. Insbesondere gilt dies für das Modell des Wohlfahrtsstaates, das Aushängeschild der nordischen Sozialsysteme, das „durch einen wiederaufkeimenden Nationalismus sowie durch neoliberale Einflüsse in Frage gestellt wird“ (Beitrag von Matti Alestalo, Sven E. O. Hort und Stein Kuhnle, 121). Das Modell hat deshalb in den Ländern unterschiedliche Abwandlungen erfahren. Auch in den weiteren Beiträgen wird nachvollziehbar gezeigt, dass es trotz der kulturellen und historischen Gemeinsamkeiten in den vergangenen Jahren merklich zu einer vermehrten Heterogenität innerhalb der skandinavischen Staaten gekommen ist, so in den Bereichen der Sozial‑, Bildungs‑, Migrations‑ und Wirtschaftspolitik. Der Anfang zu einer aktuellen Nordeuropaforschung ist mit diesem Band gemacht, hervorzuheben sind auch die fünf Forschungsdesiderate, die im Schlussteil aufgeführt werden. Der Band eignet sich durch seine leichte Zugänglichkeit zu einem breiten Themenspektrum hervorragend für Einsteiger mit dem Interesse an der Politik der nordeuropäischen Staaten. Gleichsam bietet er aber auch die Möglichkeit, lang tradierte Annahmen über sie zu überdenken.