Skip to main content
Adolf Kimmel

Das politische System der V. französischen Republik. Ausgewählte Aufsätze

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2014; 305 S.; brosch., 59,- €; ISBN 978-3-8487-1420-9
„Das politische System der V. französischen Republik wird zwar von der deutschen Politikwissenschaft nicht mehr so stiefmütterlich behandelt wie vor etwa dreißig Jahren, aber zu den von ihr bevorzugt bearbeiteten Themen gehört sie noch nicht.“ (5) Ob das Interesse an Frankreich seitens der Politikwissenschaft steigen wird, bleibt abzuwarten. Profunde Kenner wie Adolf Kimmel sind die Ausnahme, dabei ist das französische Regierungssystem der Prototyp des sogenannten Semipräsidentialismus und war im Zuge der demokratischen Transformation Vorbild für viele osteuropäische Länder. Spürbar ist das Erbe der französischen Revolution ebenso wie das des napoleonischen Zentralismus, gleichsam ist die Krise des Landes auch durch das politische System bedingt. Die Aufsätze von Adolf Kimmel sind eine Auswahl aus 40 Jahren Analyse. Im ersten Teil werden die unterschiedlichen Institutionen der Republik beschrieben, deren Verfassung deutlich die Handschrift Charles de Gaulles trägt. Deutlich wird die vergleichsweise schwache Stellung der Nationalversammlung, die nur in Zeiten der „Cohabition“, also einer nicht‑präsidentiellen Mehrheit des Parlaments, echte Gestaltungsmöglichkeiten hat. Das politische System ist zuvörderst darauf angelegt, Entscheidungen zu produzieren. Dies erklärt die zum Teil schwachen Vetomöglichkeiten. Es folgen Aufsätze zu den Parteien und zur politischen Kultur des Landes. Für den deutschen Beobachter schwer nachvollziehbar, ist die französische politische Kultur von einer starken Polarisierung gekennzeichnet, die zudem starke technokratische Züge aufweist. Die hochqualifizierte Verwaltungselite ist abgehoben und von den gesellschaftlichen Realverhältnissen gleichsam abgeschnitten. Dies manifestiert sich in einer Demonstrationskultur, die Ausdruck fehlender politisch‑gesellschaftlicher Mediationsmöglichkeiten ist. Trotz dieser Defizite ist eine VI. Republik nicht nötig, schließt Kimmel: „Ungeachtet mancher problematischen Aspekte und Schwächen, bietet die Verfassungsordnung der V. Republik Frankeich gleichwohl bessere Chancen als zuvor, den vielfältigen Herausforderungen erfolgreich zu begegnen. Es liegt an den politischen Akteuren, diese Chancen zu nutzen.“ (299 f.). Die treffenden Analysen sind gut lesbar, auch wenn der eine oder andere Aufsatz in seiner Aktualität überholt ist.
{FGI}
Rubrizierung: 2.612.212.222.23 Empfohlene Zitierweise: Fabrice Gireaud, Rezension zu: Adolf Kimmel: Das politische System der V. französischen Republik. Baden-Baden: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38386-das-politische-system-der-v-franzoesischen-republik_46544, veröffentlicht am 07.05.2015. Buch-Nr.: 46544 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken