Skip to main content
Wilfried von Bredow

Demokratie und Streitkräfte. Militär, Staat und Gesellschaft in der Bundesrepublik Deutschland

Opladen/Wiesbaden: Westdeutscher Verlag 2000; 216 S.; brosch., 21,47 €; ISBN 3-531-13547-3
Anders als im angelsächsischen Sprachraum werden militärpolitische Fragestellungen in Deutschland entweder überhaupt nicht, oder doch nur sehr randständig von der politikwissenschaftlichen Teildisziplin der internationalen Beziehungen verarbeitet. Das Thema Bundeswehr regt offensichtlich nur wenige Sozialwissenschaftler zu eigenen Forschungsarbeiten an, was aufgrund der tief verwurzelten Erfahrungen mit deutschem Militarismus verständlich sein mag. Spätestens mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr und der Rückkehr des Krieges nach Europa hat sich der Stellenwert des Militärischen in der deutschen Politik verändert, aber die Sozialwissenschaften haben dies - mit Ausnahme einiger politiknaher Forschungsinstitute - nur unzureichend zur Kenntnis genommen. Das Buch des Marburger Politikwissenschaftlers ist eine Ausnahme und füllt daher eine Lücke im deutschen Markt. Es dürfte als einzige umfassende Analyse des Verhältnisses Bundeswehr und Demokratie schnell zu einem Standardwerk werden. Dies liegt neben dem hohen Bedarf an einem solchen Werk vor allem an der überaus soliden, kritischen, aber nicht polemischen Aufarbeitung eines komplexen Gegenstandes. Einführend werden zunächst die militärischen Mittel der Politik und deren Wandlungsprozesse diskutiert und darauf aufbauend die Rolle der Streitkräfte in der Demokratie kritisch analysiert. In den folgenden Kapiteln wird in unterschiedlichen Ansätzen der Frage nach der Rolle der Streitkräfte in der Gesellschaft nachgegangen, bevor die multinationale Einbindung und der sich wandelnde Auftrag der Bundeswehr unter den Kennzeichen von Abschreckungs- beziehungsweise Deeskalationsstreitkräften problematisiert wird. Der Autor sieht die Entwicklung der Bundeswehr als demokratische Erfolgsgeschichte, macht aber ebenso ein Spannungsverhältnis zwischen militärischer Effizienz und demokratischer Kompatibilität aus, das ständiger Aufmerksamkeit bedarf. Insofern liefert das Buch auch zahlreiche neue Gedanken in Hinblick auf die aktuelle Reformdebatte der Bundeswehr. Die Erfahrungen der bundesrepublikanischen Streitkräfte hinsichtlich neuer militärischer Prinzipien wie innerer Führung, Multilateralismus und Bündnisbewusstsein würden es der Bundeswehr erleichtern, so von Bredow, sich auf neue Aufgaben einzustellen, ohne dass damit die Schwierigkeit dieses Projektes in Abrede gestellt würde. Inhaltsübersicht: 1. Die militärischen Mittel der Politik; 2. Soldaten zwischen Krieg und Frieden; 3. Streitkräfte und Politik in Preußen und Deutschland bis 1945; 4. Deutschland ohne Streitkräfte - Die Nachkriegskonstellation (1945-1955); 5. Das Kompatibilitätsproblem; 6. Verfassungsrechtliches Profil und personeller Bestand der Bundeswehr; 7. Bilanz und Perspektiven; 8. Wehrpflicht, Kriegsdienstverweigerung, Zivildienst; 9. Bundeswehr, Finanzen und Wirtschaft; 10. Kriegsabschreckende Streitkräfte; 11. Deeskalationsstreitkräfte.
Johannes Varwick (JV)
Prof. Dr., Institut für Politische Wissenschaft, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.
Rubrizierung: 2.3 | 2.31 | 2.324 | 4.21 Empfohlene Zitierweise: Johannes Varwick, Rezension zu: Wilfried von Bredow: Demokratie und Streitkräfte. Opladen/Wiesbaden: 2000, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/13619-demokratie-und-streitkraefte_16316, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 16316 Rezension drucken