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Hilde Weiss / Christoph Reinprecht

Demokratischer Patriotismus oder ethnischer Nationalismus in Ost-Mitteleuropa? Empirische Analysen zur nationalen Identität in Ungarn, Tschechien, Slowakei und Polen

Wien/Köln/Weimar: Böhlau Verlag 1998 (Grenzenloses Österreich); 226 S.; brosch., 69,80 DM; ISBN 3-205-98744-6
Der Band dokumentiert und interpretiert eine empirische Untersuchung zur "Ambivalenz des nationalen 'Neubeginns' zwischen demokratischem Patriotismus und ethnischem Nationalismus" (11) im Rahmen des vom österreichischen Wissenschaftsministerium geförderten Programms "Grenzenloses Österreich". Zwischen November 1995 und Februar 1996 wurden in diesem Kontext in den vier untersuchten Ländern jeweils etwa 1.000 vollstandardisierte Interviews geführt. Die Erarbeitung des Fragebogens wie auch die anschließende Auswertung stützte sich auf intensive Vorsondierungen und Kooperationen mit Wissenschaftlern in den Untersuchungsländern, um jeweils den konkreten Bestimmungsfaktoren der Erhebung gerecht zu werden. Weiss und Reinprecht betten ihre Ergebnisse in eine differenzierte Aufarbeitung der konzeptionellen Implikationen ihres Untersuchungsgegenstandes ein. Überaus schwer zu fassende Gegenstände wie kollektives Gedächtnis, nationales Selbstbild oder aber die Einstellung zum Kommunismus werden mittels differenzierter Fragen angemessen operationalisiert und problematisiert. Grundsätzlich belegen Weiss und Reinprecht ihre These einer Korrelation von eher patriotischem Nationalgefühl und höherer Akzeptanz demokratischer Werte auf der einen Seite sowie von primär ethnischem Nationalismus und stärkerer Intoleranz bis hin zu Fremdenfeindlichkeit auf der anderen Seite. Das Selbstverständnis der Nation wird auf diese Weise in einen engen Zusammenhang mit der jeweiligen politischen Kultur gestellt. Die in zahlreichen Tabellen zusammengefaßten Ergebnisse lassen sich nur schwer auf einheitliche Trends bringen. Gerade die historischen und politisch-institutionellen Voraussetzungen müssen laut Weiss und Reinprecht berücksichtigt werden. Während die Kapitel in der Regel von beiden Autoren zusammen verfaßt wurden, hat Weiss speziell Kapitel 2 erarbeitet und Reinprecht maßgeblich Kapitel 7 geschrieben. Inhalt: 1. Zum historisch-politischen Kontext der nationalstaatlichen Problematik in den Reformländern Ost-Mitteleuropas; 2. Theoretische Konzepte und Methoden der Untersuchung; 3. Einstellungen zur Nation und Typen kollektiver Bindungen; 4. Die Auswirkung von Patriotismus und Nationalismus auf ethnische Toleranz, Antisemitismus und Bürgerrechte; 5. Nationale Identität: Identifikationen und Loyalität zu den Prinzipien der Demokratie; 6. Nationale Bindung und neue Wertorientierungen im Kontext sozialer Veränderung und subjektiver Deprivation; 7. Kollektives Gedächtnis und Aufarbeitung der Vergangenheit: Zur Dynamik kollektiven Erinnerns in Ost-Mitteleuropa; 8. Bewertungen des Kommunismus und Einstellungen zur Aufarbeitung der kommunistischen Vergangenheit; 9. Historische Mythen, neue Legendenbildungen und nationales Selbstbild.
Manuel Fröhlich (MF)
Prof. Dr., Juniorprofessur für Politikwissenschaft, Universität Jena (www.manuel-froehlich.de).
Rubrizierung: 2.23 | 2.62 Empfohlene Zitierweise: Manuel Fröhlich, Rezension zu: Hilde Weiss / Christoph Reinprecht: Demokratischer Patriotismus oder ethnischer Nationalismus in Ost-Mitteleuropa? Wien/Köln/Weimar: 1998, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/6731-demokratischer-patriotismus-oder-ethnischer-nationalismus-in-ost-mitteleuropa_9069, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 9069 Rezension drucken