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Bernhard Emunds / Wolf-Gero Reichert (Hrsg.)

Den Geldschleier lüften! Perspektiven auf die monetäre Ordnung in der Krise

Marburg: Metropolis-Verlag 2013 (Die Wirtschaft der Gesellschaft Jahrbuch 1); 326 S.; 32,80 €; ISBN 978-3-7316-1002-1
Der Sammelband bildet den Auftakt zur Reihe „Die Wirtschaft der Gesellschaft“, die einem interdisziplinären Zugriff auf wirtschafts‑ und finanzpolitische Fragen verpflichtet ist. Angesichts der in der gegenwärtigen Wirtschafts‑ und Finanzkrise offenkundig gewordenen Grenzen eines rein an der ‚Erlösung durch Wachstum’ orientierten ökonomischen Denkens versuchen namhafte Autorinnen und Autoren, Perspektiven jenseits des gegenwärtigen neoliberalen Mainstreams aufzuzeigen. Der Großteil der Beiträge ist im klassischen Aufsatzstil gehalten und in jeweils unterschiedlicher Perspektive dem „unberechenbaren Dämon“ (13) Geld gewidmet. Denn es stehe zu erwarten, so die Herausgeber in ihrem einleitenden Beitrag unter Bezugnahme auf Arthur C. Pigouts Buch „The Veil of Money“, dass es in den kommenden Jahren in der ökonomischen Debatte zu einer Renaissance des Themas Geld kommen werde. Von den Aufsätzen hebt sich der erste Beitrag des Bandes formal wie auch inhaltlich ab: Unter der Überschrift „Von den Märkten getrieben“ (31) findet sich hier ein Gespräch unter anderem mit Wolfgang Streeck über die Ursachen, Wirkungen und künftigen Entwicklungen, wie sie angesichts der gegenwärtigen Krise zu erwarten sind. Entgegen der Vorstellung etwa, die Politik habe steuernd in die (Wirtschafts‑)Prozesse eingreifen können oder wollen, findet sich dort die Einschätzung, Regierungen hätten sich zu einer für die Kriseneskalation vorteilhaften Politik – etwa zu Deregulierungsmaßnahmen – hinreißen lassen. Die Regierungen seien in etwas „hineingeschlittert“ (42), weil „es geklappt hat“ (43). Diese Banalität der Krise und ihrer Ursachen macht ebenso sprachlos wie die Tatsache, dass mit Blick auf die gegenwärtige Krise mehrheitlich immer noch Alleinstellungsmerkmale zur Erklärung ihres Entstehens herangezogen werden, obschon das ganze 19. und auch das 20. Jahrhundert von zyklisch wiederkehrenden Krisen des kapitalistischen Finanzsystems durchzogen waren. Und sollte diese Diagnose zutreffen, wie ist dann angesichts dieser doppelten Banalität die Zerstörungskraft der aktuellen Marktverwerfungen einzuschätzen? Allein schon von diesem ersten Gespräch, das der Band dokumentiert, bleiben eine Vielzahl von Fragen und Gedanken, die eine tiefergehende Auseinandersetzung mit der monetären Ordnung in der Krise angebracht erscheinen lassen – jenseits „esoterischer Zirkel“ und der „fundamentalistischen Linken“ (11).
Matthias Lemke (LEM)
Dr. phil., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
Rubrizierung: 4.43 | 5.45 | 2.2 | 2.21 | 3.5 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Bernhard Emunds / Wolf-Gero Reichert (Hrsg.): Den Geldschleier lüften! Marburg: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36277-den-geldschleier-lueften_44297, veröffentlicht am 10.10.2013. Buch-Nr.: 44297 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken