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Ralf Neubauer

Der Bürger als Beute. Vom Steuer-Raubzug der vereinten Verschwender

Reinbek: Rowohlt 1996; 221 S.; 32,- DM; ISBN 3-498-04674-8
Entschieden moniert Neubauer aktuelle Entwicklungen im deutschen Steuerdschungel. Das gegenwärtige System verschont finanziell Leistungsfähige; Steuerunkundige werden geschröpft. Die Steuer- und Abgabenlast ist auf einem unzumutbaren Höchststand. Zugleich spitzt sich die Finanzmisere der öffentlichen Kassen zu. Grund ist eine fehlende Ausgabenmoral bis zur Verschwendung. So entsteht eine Legitimationslücke, in der Steuerbetrug, Korruption und Kapitalflucht oft als Notwehrmaßnahmen betrachtet werden. Neubauer belegt dies mit vielen Beispielen und diskutiert Ansätze einer durchgehenden Reform. Ökosteuern werden abgelehnt, da sie keinen kalkulierbaren Einnahmestrom bieten und der ökologische Effekt bei ökonomisch adäquaten Steuersätzen gering ist (142). Ein nationaler Alleingang gefährdet den Wirtschaftsstandort. Das Bürgergeldkonzept von Joachim Mitschke, das auf Milton Friedman zurückgeht, "besticht zwar durch formale Eleganz, ist aber kein Patentrezept" (153). Vielversprechend ist für den Autor eine Verschlankung des Staates und das Konzept der konsumorientierten Einkommensbesteuerung von Joachim Lang. Das Konzept läuft hinaus auf einen Wechsel von der gegenwärtigen Umverteilungspolitik mit der Einebnung von Arm und Reich hin zu einem antiegalitären Steuersystem, das Leistung belohnen soll (160). Grundidee ist Mills Erkenntnis, lieber "das zu besteuern, was aus der Ökonomie entnommen, was also verbraucht wird, anstatt Steuern zu erheben auf Leistungen (Produktion, Arbeitskraft), die der Ökonomie zugute kommen" (155). Kernstück ist ein Wechsel der steuerlichen Bemessungsgrundlage vom verfügbaren Einkommen zum konsumierten Einkommen. Ersparnisse und Investitionskapital werden vom zu versteuernden Einkommen abgezogen. Durch die zu erwartende wirtschaftliche Dynamik werden vorübergehende Steuerausfälle mehr als kompensiert. Ein entsprechendes Modell wurde in Kroatien eingeführt und scheint sich zu bewähren. Der Autor appelliert an die Politik, den vorherrschenden Kleinmut zu überwinden und die Reform in Angriff zu nehmen. Inhaltsübersicht: 1. Der Steuer-Raubzug: Wie der Staat die Bürger schröpft; 2. Das Chaos regiert: Wie in Bonn Finanz- und Steuerpolitik betrieben wird; 3. Den Gerechtigkeitslücken auf der Spur: Gewinner und Verlierer im deutschen Steuersystem; 4. Wege aus dem Steuerstaat: Wie der Umbau gelingen kann; 5. Die organisierte Verschwendung: Wie Politiker und Bürokraten unser Geld rauswerfen; 6. Der schlanke Staat: Antwort auf die dicke Krise.
Stefan Lembke (SL)
M. A., Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 2.343 Empfohlene Zitierweise: Stefan Lembke, Rezension zu: Ralf Neubauer: Der Bürger als Beute. Reinbek: 1996, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/968-der-buerger-als-beute_904, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 904 Rezension drucken