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Maurizio Bach (Hrsg.)

Der entmachtete Leviathan. Löst sich der souveräne Staat auf?

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2013 (Zeitschrift für Politik Sonderband 5); 342 S.; brosch., 44,- €; ISBN 978-3-8329-7985-0
Der Band vereint Beiträge unterschiedlicher Provenienz – seien sie aus der Rechtswissenschaft, der Politikwissenschaft oder der Soziologie. Sie versuchen dem Problem des Staates – das sich aufgrund der territorialen Entgrenzung des Nationalstaates, der Ausdifferenzierung des Rechts, dem Wandel des Sozialstaates moderner Prägung und der transnationalen Ermöglichung von Demokratie ergibt – auf verschiedene Art und Weise beizukommen. Obwohl Maurizio Bach bereits in der Einleitung auf den von Ernst Cassirer formulierten Mythos des Staates verweist, klingt doch immer wieder ein Substanzverständnis des Staatsbegriffs an, ohne dass dieser konsequent in einer funktionalen Sichtweise verfolgt wird. Insofern bleibt Bach bei Jellineks Zwei‑Seiten‑Theorie stehen, indem er den Staat zum obersten Gesetzgeber macht und diesen dann freigelassenen Leviathan daraufhin wieder rechtsstaatlich einfangen will. Nur durch die Trennung von Staat und Recht kann er zu der naturrechtlich anmutenden Frage kommen: „Kann es Recht ohne Staat geben?“ (11) Ähnlich verhält es sich bei Andreas Anter: So richtig es ist, diejenigen Autoren zu kritisieren, die den Staat allzu vorschnell zu Grabe tragen, so fragwürdig ist es doch, sie der kontrafaktischen Beweisführung zu bezichtigen, indem man das Handeln des Staates angesichts der europäischen Finanzkrise anführt. Der Staat aber handelt nicht! Es sind Menschen, die handeln und deren Handlungen als Staatsakte zu qualifizieren sind, indem sie dem Staat zugerechnet werden. Das ist die zentrale und weiterhin aktuelle Kritik Hans Kelsens am Methodensynkretismus – nicht dass er, wie Anter andeutet, interdisziplinärem Austausch gegenüber abgeneigt gewesen sei. Die Überwindung ontologisierender Staatssemantiken gelingt eben nur dann, wenn der Staat auf ein Organ der Gesellschaft reduziert wird. Schließlich darf in einem Band über den Staat ein Aufsatz über Carl Schmitt nicht fehlen. Dies übernimmt Reinhard Mehring und spürt der anhaltenden Aktualität Schmitts nach, wobei er einen bürgerlichen Liberalismus als Gegenpart zu einer „seitenverkehrte[n] Aktualität“ (279) Schmitts vermisst.
Patrick Stellbrink (PS)
M. A., Politikwissenschaftler, Promovend an der TU Chemnitz.
Rubrizierung: 2.2 | 2.21 | 2.22 | 2.263 | 3.1 | 4.45 | 5.41 Empfohlene Zitierweise: Patrick Stellbrink, Rezension zu: Maurizio Bach (Hrsg.): Der entmachtete Leviathan. Baden-Baden: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35787-der-entmachtete-leviathan_43425, veröffentlicht am 21.02.2013. Buch-Nr.: 43425 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken