Skip to main content
Michael Schramm / Hermann-Josef Große Kracht / Ulrike Kostka (Hrsg.)

Der fraglich gewordene Sozialstaat. Aktuelle Streitfelder – ethische Grundlagenprobleme

Paderborn u. a.: Ferdinand Schöningh 2006; 167 S.; kart., 27,90 €; ISBN 978-3-506-75627-5
Der Band enthält die Beiträge des 2005 veranstalteten 6. Werkstattgesprächs der Sektion "Christliche Sozialethik" in der Internationalen Vereinigung für Moraltheologie und Sozialethik. Die Prämisse der Hauptreferate und jeweiligen Korreferate lautet, dass die Diskussion über den Sozialstaat nicht nur nach ökonomischer Zweckmäßigkeit, sondern immer auch nach ethischer Kohärenz fragt. Zunächst wirft Gabriel in seinem kontrovers besprochenen Aufsatz die Frage nach dem Stellenwert des sozial-katholischen Sozialstaatsmodells auf. Er weist zwar auf die unverzichtbare Bedeutung von Solidarität und katholischem Subsidiaritätsdenken hin, betont aber auch, dass die politische Reichweite dieser Ideale in der Gegenwart äußerst begrenzt ist. Schnabels Einwand gegen die neue Egalitarismuskritik, ein Gerechtigkeitsverständnis ohne substanziellen Gleichheitsbezug sei undenkbar und die Reduktion der egalistischen Position auf Gleichmacherei sei unhaltbar, wird von den Korreferenten geteilt. Die Weiterführung der „Why Equality-Debatte“ erfolgt eher in der Diskussion um Möhring-Hesses Verteidigung der sozialen Demokratie durch Dabrock. Die beiden Hauptreferate zu zwei Problemfeldern der Sozialpolitik werden höchst unterschiedlich besprochen. Während die These von Cremer, dass mehr Jobs für Geringqualifizierte durch die Kombination von Lohn und Transfereinkommen erreicht werden, bzw. die bisherige Sozialpolitik (Hartz IV) durch Fehlanreize erfolglos sei, weitgehend geteilt wird, beurteilen Mandry und Bobbert die von Kostka vorgetragene moralisch begründete Forderung nach einer rechtsverbindlichen solidarischen Gesundheitsversorgung eher zurückhaltend. Die Kritik an einer ausschließlich moralisch geführten Sozialstaatsdebatte wiederholt auch Wiemeyer, der aus dem Vergleich internationaler sozialpolitischer Paradigmen nicht nur die Forderung nach stärkerer empirischer Fundierung, sondern auch das von mehreren Autoren des Bandes geteilte Plädoyer für eine „aktivierende Sozialpolitik“ ableiten will.
Frank Schale (FS)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Professur für Politische Theorie und Ideengeschichte, Technische Universität Chemnitz.
Rubrizierung: 5.44 | 5.42 | 2.3 | 2.342 Empfohlene Zitierweise: Frank Schale, Rezension zu: Michael Schramm / Hermann-Josef Große Kracht / Ulrike Kostka (Hrsg.): Der fraglich gewordene Sozialstaat. Paderborn u. a.: 2006, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/25643-der-fraglich-gewordene-sozialstaat_29752, veröffentlicht am 25.06.2007. Buch-Nr.: 29752 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken