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Der Klimaschutz – die große globale Aufgabe. Das Pariser Klimaschutzabkommen im Spiegel von Wissenschaft und Politikberatung

11.01.2017
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Natalie Wohlleben, Dipl.-Politologin

zwei EisbärenSind Eisbären bald nur noch im Zoo zu bewundern?
Foto: Robert Wohlleben
Ist das Pariser Klimaschutzabkommen der von vielen Menschen erhoffte historische Meilenstein auf dem Weg hin zu einer aktiven Klimaschutzpolitik? In den Beiträgen zu diesem Thema wird sich dieser Frage aus verschiedenen Perspektiven genähert. So liegen divergierende Stellungnahmen von politischen und wissenschaftlichen Stiftungen vor, in denen das Zustandekommen des Klimaschutzabkommens analysiert und seine Ergebnisse interpretiert werden. Dabei zeigen sich, je nach politischer Verortung, ganz unterschiedliche Wahrnehmungen: Während in Papieren der Friedrich-Ebert-Stiftung gemeint wird, dass „wir das Klimaabkommen von Paris feiern sollten“, hält die Konrad-Adenauer-Stiftung das Abkommen für einen bedeutenden evolutionären, aufgrund der fehlenden Verbindlichkeit und Sanktionsmechanismen jedoch nicht revolutionären Schritt. Die Heinrich-Böll-Stiftung erkennt in dem Abkommen dagegen nur ein „System völlig freiwilliger Versprechungen“, das wenig Anlass zum Feiern gebe, und die Rosa-Luxemburg-Stiftung kann keinen substanziellen Fortschritt erkennen.

Eine eher desillusionierte Haltung hat aufgrund der bisherigen Erfahrungen auch John Vogler eingenommen. In seinem Buch „Climate Change in World Politics“ betont er gleichwohl die Bedeutung der Nationalstaaten im Kampf gegen die Erderwärmung. In zwei weiteren Publikationen definieren sowohl Cristina Besio und Gaetano Romano als auch Thorsten Hippe das Vorgehen gegen den Klimawandel als eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die keinen Aufschub duldet. Gefordert ist demnach ein offener Diskurs über den Klimawandel, in dem auch der Ökonomisierungsdruck als Hindernis thematisiert wird. Festgehalten wird auch hier, dass im Pariser Klimaschutzabkommen keine Sanktionsmechanismen vorgesehen sind. So bleibt abzuwarten, ob, wie Hippe schreibt, der öffentliche Erwartungsdruck auf die Politik so groß sein wird, dass der Klimaschutz tatsächlich verbessert wird.

Während einerseits der Klimawandel als die große politische Aufgabe begriffen wird, findet andererseits zugleich eine Verengung der Debatte statt. Wie Thomas Diez et al. sowie Sanjay Chaturvedi und Timothy Dole in ihren Analysen zeigen, verstärkt sich eine Versicherheitlichung des Klimawandels mit der Folge, dass Menschen, die etwa vor einem steigenden Meeresspiegel oder vor Dürre flüchten, zunehmend von den Staaten als Sicherheitsrisiko wahrgenommen werden.

Ergänzt werden die Beiträge mit einer kommentierten Auswahl politikwissenschaftlicher Beiträge und Bücher sowie mit einer Übersicht über deutsche Forschungsprojekte zur Klimapolitik. Die Auswahlbibliografie „Die Aufgabe. Erkenntnisse über ein globales Problem und Lösungsansätze“ zeigt Publikationen, in denen die Dimensionen der globalen Herausforderung durch den Klimawandel deutlich werden. In „Rund um den Globus“ wird auf Bücher hingewiesen, in denen die möglichen Folgen von Klimawandel und Umweltzerstörung sowie deren politische und gesellschaftliche Problematisierung in einzelnen Ländern und Regionen gespiegelt werden.

Die 23. UN-Klimakonferenz in Bonn

Auf dem Weg von Paris nach Bonn mag zwar US-Präsident Donald Trump vom Weg abgekommen sein, die Erwartungen an die 23. Weltklimakonferenz sind dennoch groß: Vom 6. bis zum 17. November 2017 treffen sich Verhandlungsgruppen aus 195 Staaten, um an der weiteren Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens zu arbeiten. In „Ein Zwischenstand“ werden Beiträge verschiedener Institutionen vorgestellt, in denen im Vorfeld eine konsequente und vor allem rasche Umsetzung des Klimaschutzes eingefordert wird. Weitere Informationen bieten ausgewählte Klima-Tracker sowie einige Thinktanks, die die Themen Klimawandel und Klimaschutz kontinuierlich wissenschaftlich begleiten. Ergänzend finden sich in der Bibliografie „Der Klimawandel und seine Folgen“ Hinweise auf aktuelle Literatur zum Themenkomplex.

Die wesentlichen Entwicklungen und Ergebnisse der Bonner Konferenz fassen Wolfgang Obergassel et al. (Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie) in ihrem Bericht „Diplomatische Pflicht ohne politische Kür“ zusammen. „Zentrale Themen waren die Entwicklung der Durchführungsbestimmungen zum Pariser Klimaabkommen und die Verstärkung der Anstrengungen zum Klimaschutz. Da dies die erste ‚ozeanische’ COP war, erhielten auch die Unterstützung der Länder des Globalen Südens bei der Senkung der Emissionen, bei der Anpassung an den Klimawandel und beim Umgang mit den nicht vermeidbaren Folgen des Klimawandels große Aufmerksamkeit.“ Die Konferenz wird insgesamt allerdings eher ambivalent beurteilt, da auch das Aufbrechen alter Interessengegensätze zu beobachten war, die in und kurz nach Paris für eine Weile überdeckt gewesen waren. Eine ausführliche Analyse der Konferenzergebnisse ist unter „Die Ruhe vor dem Sturm“ verlinkt.

Von Paris über Bonn nach Katowice

Wie geht es weiter? Ebenfalls unter dem Dach des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie sind dazu – insbesondere auch unter Berücksichtigung der Politik des US-Präsidenten – Empfehlungen entwickelt worden: „Klimapolitik trotz(t) Trump. Globaler Klimaschutz nach dem Rückzug der USA“. Außerdem analysiert Steffen Bauer ausführlich die „Internationale Klimapolitik 2018“: Etwas über zwei Jahre nach dem Zustandekommen des Pariser Klimaschutzabkommens ist ein neuer Rekordwert bei den globalen CO2-Emissionen zu verzeichnen, zugleich ist es zu den höchsten Schäden infolge extremer Wetterlagen seit Beginn der Aufzeichnungen gekommen – und Deutschland hinkt, siehe Koalitionsvereinbarung, seinen eigenen klimapolitischen Ambitionen hinterher. Ein halbes Jahr vor der Konferenz im Katowice stellt sich also die Frage, inwieweit die Politik den akuten Handlungsbedarf verstanden hat.

Die 24. UN-Klimakonferenz in Katowice

COP24 endetet im Dezember 2018 überraschend mit der Verabschiedung des „Klimapakets von Katowice“, mit dem das Pariser Abkommen operationalisiert wird. In „Kleingedrucktes zum Pariser Abkommen verabschiedet“ werfen Forscher*innen des Wuppertal Instituts einen ersten kritischen Blick auf die dann doch ambitionierten Konferenzergebnisse. Der Beitrag wird durch Hinweise auf weitere Analysen verschiedener Thinktanks ergänzt, sodass insgesamt ein umfassendes Bild von den Absichten, Uneinsichtigkeiten und konkreten (kleinen) Fortschritten entsteht.

Einmal jährlich trifft sich die Staatengemeinschaft im Rahmen des UN-Klimagipfels, um den aktuellen Fortschritt der Reduzierung der klimaschädlichen Gase zu diskutieren. Seit dem Klimagipfel 2015, mit dem Ergebnis des Pariser Übereinkommens als Nachfolge des Kyoto-Protokolls. stagnieren die Erfolge jedoch: Der Ausstoß von Treibhausgasen nimmt zu und die Staatengemeinschaft hat bisher ihre Anstrengungen zur Erreichung des 1,5-Grad-Ziels nicht verstärkt. Im Mittelpunkt eines Digiramas stehen die Akteure und Maßnahmen der internationalen Klimapolitik.

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Anmerkung: Dieser Text wurde urpsrünglich von Natalie Wohlleben verfasst und wird seit Februar 2019 weiter von der Redaktion bearbeitet.

 

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Bibliografie

Der Klimawandel und seine Folgen. Neue Literatur im Überblick

In dieser Zusammenstellung findet sich ausgewählte Literatur, die neu erschienen ist oder demnächst veröffentlicht wird. Neben Büchern, in denen die Grundlagen aufbereitet werden, sind auch einige genannt, in denen die Folgen des Klimawandels insbesondere für die (armen) Länder des Südens thematisiert werden.
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Alle Beiträge im Überblick:

Das Pariser Klimaschutzabkommen

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