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Der Konsens schwindet. Die EU verliert an Handlungsfähigkeit

24.09.2017
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Prof. em. Dr. Ingeborg Tömmel

Risse in der Flagge der EU symbolisieren die Krise der Europäischen Union. Foto: PixabayRisse in der Flagge der EU symbolisieren die Krise der Europäischen Union. Foto: Pixabay

 


Einleitung


Verfolgt man die Massenmedien, die öffentlichen Verlautbarungen der Politiker oder die Analysen von Wissenschaftlern und Kommentatoren des Zeitgeschehens, dann sind sich alle in einem Punkt einig. Die Europäische Union (EU) befindet sich in einer tiefgreifenden Krise, die sich aus der Kumulation einer Vielzahl von Einzelkrisen speist: Finanzkrise, Schuldenkrise, Eurokrise, Flüchtlingskrise. Bei den Lösungsvorschlägen hört die Einigkeit allerdings schnell auf: Während die einen die Rückkehr zum Nationalstaat in mehr oder minder radikaler Form propagieren, meinen andere, es gehe nur voran, wenn man mutig am europäischen Integrationsprojekt weiterarbeite unter der klaren Zielsetzung einer echten Föderation oder gar eines europäischen Staates.

Solche Extrempositionen helfen allerdings nicht weiter; ihnen fehlen der gesellschaftliche Konsens und die politische Realisierbarkeit. In ihrer Schwarz-Weiß-Logik heizen sie nur unsinnige Debatten an oder schüren sogar weitere Ängste bei den Vertretern der jeweiligen Gegenposition. Es bedarf also zunächst einer genaueren Analyse, was in der Europäischen Union falsch gelaufen ist und wie sich eventuelle Fehlentwicklungen behutsam, das heißt, in kleinen und damit realisierbaren Schritten reparieren lassen. Im folgenden Beitrag beschränke ich mich auf einen, allerdings sehr bedeutsamen Aspekt der europäischen Krise: die mangelnde oder unzureichende Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit der EU.

Es sind nämlich nicht nur die zugegebenermaßen schwierigen externen Umstände, wie etwa das Überschwappen der Finanzkrise aus den USA oder das rapide Anwachsen der Flüchtlingsströme aus diversen Kriegs- und Krisengebieten, die die EU so sichtbar geschwächt haben; vielmehr wurden die verschiedenen Krisen auch von innen unzureichend beantwortet und damit verschärft. Diese unzureichenden Antworten führe ich auf Veränderungen in der Entscheidungsstruktur und -praxis im EU-System zurück, die systematisch zum Ausbleiben von Entscheidungen, zu verspäteten Entscheidungen, zu einseitigen Entscheidungen und schließlich zu einer mangelnden Respektierung von bereits getroffenen Entscheidungen geführt haben. Damit gelang es nicht, die Krisen zu lösen; stattdessen geriet das EU-System selbst zu einem Teil des Problems.

Kernthese meiner Argumentation ist, dass es in der EU etwa seit dem Vertragsschluss von Maastricht zu einer schleichenden Renationalisierung gekommen ist, die sich auf vielfältige Weise manifestiert. Im EU-System selbst hat sie zur Verlagerung von Entscheidungsmacht auf die intergouvernementalen Organe geführt, den Ministerrat (im Folgenden als Rat bezeichnet) sowie den Europäischen Rat, in denen die Regierungen der Mitgliedstaaten mit Sitz und Stimme vertreten sind. Innerhalb dieser Organe kam es zudem zu einer Verlagerung von Entscheidungsmacht hin zu den großen und dominanten Mitgliedstaaten, allen voran Deutschland. Gleichzeitig wurde die Europäische Kommission als supranationales Organ mit entscheidenden Kompetenzen in der Politikformulierung geschwächt.

Die Folge dieser Konstellation ist, dass es immer schwieriger wird, einen Konsens auf der europäischen Ebene zu finden, dass es kaum mehr gelingt, Entscheidungen im Interesse des europäischen Gemeinwohls zu treffen und, soweit Entscheidungen getroffen werden, dass diese nicht den Interessen der Gesamtheit der Mitgliedstaaten, geschweige denn ihrer Bürger, entsprechen. Zusammengenommen führen diese Entwicklungen zu einer weiteren De-Legitimierung der EU. Im Folgenden werde ich die einzelnen Faktoren, die zu dieser Situation geführt haben, näher beleuchten.


Veränderte Entscheidungsregeln: einseitige Stärkung der Mitgliedstaaten

Der Vertrag von Maastricht (in Kraft seit 1993) markiert einen signifikanten Wendepunkt in der Geschichte der europäischen Integration. Erstmals wurden neue Politiken auf die europäische Ebene übertragen, dies jedoch nicht in der bisher üblichen Form, bei der die Kommission die Politikkonzepte erarbeitet und der Rat unter mehr oder weniger ausgeprägter Beteiligung des Europäischen Parlaments (EP) entscheidet. Vielmehr wurden die neuen Politiken – die Wirtschafts- und Währungsunion (WWU), die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) sowie einige Bereiche von Justiz und Inneres (JI) – ausschließlich der intergouvernementalen Kontrolle und damit den Regierungen der Mitgliedstaaten unterstellt. Zur Verstärkung von deren Position wurde zudem der Europäische Rat, der bis dahin ein eher informelles Gremium für Beratungen zwischen den Regierungschefs der einzelnen Staaten war, aufgewertet. Wurden die drei neuen Politiken zunächst in ihrer Bedeutung unterschätzt, so sind sie doch in der Gegenwart gerade die Bereiche, in denen sich die Krisen stellen und daher schnelle und vor allem effektive Lösungen gefragt sind.

Der Vertrag von Lissabon (in Kraft seit 2009) hat die intergouvernementale Entscheidungsmacht erneut gestärkt und zudem die Ungleichheit zwischen den Mitgliedstaaten in den entsprechenden Organen akzentuiert. Die Kommission wurde gleichzeitig weiter geschwächt. So erhielt der Europäische Rat nunmehr den Status eines eigenständigen Organs der EU mit definierten Kompetenzen, die sich vor allem auf die grundlegenden Entscheidungen im Integrationsprozess beziehen. In dieser institutionellen Neuerung zeigt sich, dass die Regierungschefs der Mitgliedstaaten fortan die Führungsrolle in der EU übernehmen wollten. Zudem wurde der Europäische Rat mit einem quasi permanenten Präsidenten ausgestattet (mit maximal fünfjähriger Amtszeit, anstatt der zuvor halbjährlichen Rotation der Präsidentschaft unter den Mitgliedstaaten).

Das bedeutet konkret, dass nicht mehr der Kommissionspräsident in diesem Gremium die Rolle des Initiators von neuen Politiken und Handlungsstrategien sowie die des Vermittlers zur Konsensfindung spielt; vielmehr obliegen diese Aufgaben nunmehr dem Präsidenten des Europäischen Rates. Dieser Präsident ist aber in erster Linie den Interessen und Präferenzen der Mitgliedstaaten, insbesondere denen der dominanten unter ihnen, verpflichtet. Das europäische Gemeinwohl, das grundsätzlich von der weitgehend unabhängigen Kommission vertreten wird, bleibt dabei auf der Strecke. Dies gilt besonders für die neuen Politiken, bei denen der Kommission kein oder allenfalls ein begrenztes Vorschlagsrecht zukommt.

Des Weiteren wurde die Entscheidungsfindung im Rat signifikant zugunsten der großen Mitgliedstaaten verändert. Zwar hat jetzt jeder Staat im Rat eine Stimme (statt der zuvor unterschiedlich gewichteten Stimmen), und es genügt die absolute Mehrheit der Stimmen (derzeit 15 von 28) für einen positiven Beschluss. Die scheinbare Gleichberechtigung aller Staaten wird aber dadurch eingeschränkt, dass ein positives Votum gleichzeitig mindestens 65 Prozent der Bevölkerung Europas repräsentieren muss. Das bedeutet konkret, gegen die großen Mitgliedstaaten ist kaum ein Beschluss zu fassen, während umgekehrt bis zu 13 kleine Mitgliedstaaten überstimmt werden können.


Veränderte Entscheidungspraxis: das Ende der Konsenskultur

Die beschriebenen, formaljuristisch in den Verträgen verankerten Veränderungen der Entscheidungsstruktur stehen allerdings nicht für sich; vielmehr sind sie als Reaktionen auf eine sich schleichend verändernde Entscheidungspraxis zu werten, bei der die Regierungen der Mitgliedstaaten zunehmend dominant agieren. Diese zunehmende Dominanz wurde mit den Vertragsänderungen fixiert und sie hat sich seither in der Praxis weiter akzentuiert. Damit wurde allerdings die notwendige Konsensfindung in den Räten enorm erschwert und folglich die Handlungsfähigkeit der Union empfindlich eingeschränkt.

Die EU war seit ihrer Gründung als Europäische Gemeinschaft (EG) ein System, das trotz vielfältiger Meinungsverschiedenheiten und Interessendivergenzen im Wesentlichen auf der Basis eines Grundkonsenses zwischen den Mitgliedstaaten beruhte und von Fall zu Fall weitere Konsense zu einzelnen Politiken und Integrationsschritten schmiedete. In den Räten wurde selbst dann, wenn Mehrheitsentscheidungen möglich waren, ein gemeinsamer Konsens und damit Einstimmigkeit angestrebt. Alle Beteiligten wurden möglichst zufriedengestellt, notfalls mithilfe sogenannter side-payments oder package deals.1

Diese Konsenskultur ist in der heutigen EU kaum noch zu finden. Entscheidungen werden auch gegen den Willen einer Minderheit durchgedrückt und kompensatorische Maßnahmen in der Form von side-payments nicht mehr gewährt. Es ist kein Wunder, dass unter diesen Umständen vorwärtsweisende Beschlüsse und effektive Problemlösungen kaum noch zu erzielen sind. Stattdessen werden anstehende Entscheidungen von Sitzung zu Sitzung verschoben. Falls es dennoch gelingt, Beschlüsse zu fassen, geschieht dies häufig gegen den Willen einer relevanten Minderheit.

Solche Entscheidungen sind kaum am europäischen Gemeinwohl orientiert, sondern entsprechen faktisch oder gefühlt den Interessen der dominanten Mitgliedstaaten. Damit fehlt ihnen die Akzeptanz eines Teils der Regierungen und die Legitimation vor den Bürgern, was in der Folge häufig zu einer mangelhaften oder gänzlich ausbleibenden Umsetzung führt. Die Nicht-Umsetzung des Relocation-Programms, das die Umsiedlung von Geflüchteten aus Griechenland und Italien in andere EU-Staaten vorsieht, belegt dies eindrücklich (siehe ausführlicher weiter unten).


Ökonomisches Auseinanderdriften und politische Machtverschiebungen

Ohne Zweifel spielt es eine Rolle für die Konsensfindung, dass die EU nicht mehr wie in den Anfangsjahren ein kleiner Club von sechs Staaten, sondern ein umfangreicher Staatenverbund von derzeit 28 Mitgliedern ist. Die jüngsten Erweiterungen der Union um insgesamt 13 Staaten stellen aber nicht als solche den Hauptgrund für die geschwächte Konsenskultur dar. Vielmehr sind hierfür zusätzliche Faktoren verantwortlich zu machen.

So sind es die ungleichen Machtpositionen der Mitgliedstaaten und das zunehmende Auseinanderdriften zwischen ihnen, die den Grundkonsens in den EU-Gremien unterminieren. Die jeweilige Machtposition eines Staates beruht ihrerseits auf einer Vielzahl von Faktoren: seiner Größe, seiner ökonomischen Tragkraft, der Dauer der Mitgliedschaft in der EU und insgesamt seinem politischen Gewicht. Diese Ungleichheit wurde einerseits durch die Erweiterungen verstärkt, indem die neuen Mitglieder in ökonomischer und politischer Hinsicht deutlich von den Altmitgliedern abweichen; sie wurde und wird aber weiter akzentuiert durch ein zunehmendes ökonomisches und in der Folge auch politisches Auseinanderdriften der einzelnen Staaten.

Bereits vor den Krisen war es die ökonomische Globalisierung, die insbesondere die Mittelmeerstaaten hart traf, da deren Industriemix auf eher traditionellen Sektoren beruhte. Diese Sektoren konnten dem globalen Konkurrenzdruck nicht standhalten und so kam es zu einer schleichenden De-Industrialisierung. In der Folge gerieten gerade diese Staaten in den Strudel der Finanz- und Schuldenkrise, nicht zuletzt, weil sie die De-Industrialisierung mit steigenden Staatsausgaben zu kompensieren und die schwächelnden Banken zu retten versuchten.

Diese Situation manifestierte sich dann auch in einem zunehmenden politischen Auseinanderdriften, indem die Schuldnerstaaten nunmehr als Bittsteller in der EU auftreten mussten. Die ihnen aufgezwungenen Sparmaßnahmen beschleunigten den ökonomischen Niedergang und schwächten zusätzlich ihre politische Position in der EU. Griechenland ist das eklatanteste, aber nicht das einzige Beispiel für diese Vorgänge.

Umgekehrt konnten die Geberstaaten harsche Bedingungen im Gegenzug für die angebliche „Hilfe“ durch europäische Stützungsmaßnahmen stellen und damit die Kreditnehmer in eine untergeordnete Position manövrieren. Insbesondere Deutschland hat diese Situation genutzt, um weitestgehend zu bestimmen, in welcher Weise, in welchem Umfang und innerhalb welcher Grenzen die Union Maßnahmen zur Krisenlösung vornimmt.

Folgerichtig werden Ratsbeschlüsse mit einer kleinen Gruppe von „willigen“ Staaten vorab abgesprochen; Euro-Gruppenchef Jeroen Dijsselbloem reist vor jeder Sitzung nach Berlin, um dort die Kernpositionen sowie die „roten Linien“ der Bundesregierung auszuloten. Einige Beobachter sprechen in diesem Zusammenhang bereits von einer Hegemonialposition Deutschlands. In jedem Falle erschweren die zunehmend ungleichen Machtpositionen der einzelnen Staaten innerhalb der EU die Erzielung von allseits akzeptierbaren Problemlösungen; stattdessen kommt es zu einseitigen Beschlüssen, die im Wesentlichen den Interessen der wirtschaftsstarken und politisch dominanten Staaten entsprechen.


Die Rückbindung der Regierungen an die nationale Politikarena

Die Konsenskultur in der EU wird aber nicht nur dadurch unterminiert, dass die wirtschaftsstarken und politisch gewichtigen Mitgliedstaaten ihre Macht stärker ausspielen; vielmehr steht sie insgesamt extrem unter Druck, weil die einzelnen Regierungen wesentlich ausgeprägter als zuvor an die nationale Politikarena zurückgebunden sind. In früheren Jahren der europäischen Integration interessierte sich die Öffentlichkeit kaum für die Beschlüsse, die in der EU beziehungsweise zuvor der EG getroffen wurden. Es bestand ein weitgehender „permissiver“ Konsens, dass die Integration eine gute Sache sei und ansonsten die Bürger der Mitgliedstaaten kaum betreffe.

Diese Situation hat sich spätestens seit der Einführung des Euros grundlegend geändert. EU-Themen werden in den Mitgliedstaaten zunehmend kontrovers diskutiert und entsprechende Beschlüsse und Politiken heftig kritisiert. Das Thema EU steht in Wahlkämpfen hoch auf der Agenda und politische Parteien positionieren sich als Gegner oder Befürworter der Union. Spätestens seit dem Brexit-Referendum wird zudem deutlich, dass die europäische Integration kein unumkehrbarer Prozess ist, was die Euro-Skeptiker in allen Mitgliedstaaten weiter beflügelt. Kurzum, das vormals im politischen Diskurs kaum präsente Thema EU stellt sich gegenwärtig als hochgradig politisiert dar.

Es bedarf kaum einer näheren Begründung, dass diese Situation in starkem Maße das Auftreten der Regierungsvertreter in den Räten bestimmt. Faktisch schränkt es ihren Entscheidungsspielraum erheblich ein und damit die Wahrscheinlichkeit, auf der europäischen Ebene gemeinsame Problemlösungen zu erzielen. So ziehen Regierungsvertreter in die Ratssitzungen mit dem Versprechen, möglichst viel für das eigene Land herauszuholen. Regierungen der jeweils anderen Mitgliedstaaten werden bereits im Vorfeld fallweise als verantwortungslos, zu dominant, zu eigenwillig oder einfach als nicht kooperativ beschuldigt. Kommen die Regierungsvertreter dennoch mit nicht allzu vorteilhaften Beschlüssen zurück, stehen sie stark unter dem Druck einer kritischen Öffentlichkeit und vor allem von konkurrierenden Parteien.

Insbesondere rechtspopulistische und extrem rechte Parteien haben die Europa-Skepsis als zugkräftiges Thema für sich entdeckt. Dementsprechend propagieren sie denn auch radikale Forderungen wie den gänzlichen Austritt aus der EU und die Rückkehr zum Nationalstaat als einziges politisches System. Dass Nationalstaaten ihre Beziehungen untereinander politisch regeln müssen, wird dabei völlig ausgeblendet. Die etablierten Parteien geben diesem Druck häufig nach, indem sie ihrerseits die Union zum Sündenbock erklären und in jedem Falle eine harte Haltung gegenüber anderen Mitgliedern – beispielsweise den verantwortungslosen Schuldnerstaaten – oder Brüssel – den regelungswütigen Bürokraten der Kommission – versprechen. Insgesamt ergibt sich so eine Abwärtsspirale hin zu einer zunehmend sinkenden Akzeptanz der Mitgliedschaft in der EU und ihrer Beschlüsse.

Der Entscheidungs- und Handlungsspielraum der Regierungen auf der europäischen Ebene wird weiter eingeschränkt und es wird schwieriger, überhaupt noch gemeinsame Problemlösungen zu finden. Dies führt dann seinerseits zu einer sinkenden Akzeptanz der EU, denn sie ist ja offensichtlich unfähig, vorwärtsweisende Beschlüsse und dauerhafte Lösungen für die anstehenden Probleme durchzusetzen.


Die Folgen: keine, verspätete oder einseitige Entscheidungen sowie Nicht-Umsetzung von Entscheidungen

Die Folgen der beschriebenen Situation sind dramatisch: Trotz drängender Probleme kommt es in der Union häufig nicht zu Entscheidungen, sodass Lösungen verschleppt werden; ebenso häufig werden sie zu spät getroffen, womit sich die zu lösenden Probleme verschärfen. Zudem werden Entscheidungen eher einseitig zugunsten bestimmter Mitgliedstaaten getroffen, was ihre Legitimation unterminiert; und schließlich werden getroffene Entscheidungen nicht umgesetzt, womit das gesamte EU-System infrage gestellt wird. Im Folgenden illustriere ich diese Entwicklungen anhand ausgewählter Beispiele.

Eine folgenreiche Nicht-Entscheidung stellte sich bereits beim Ausbruch der internationalen Finanzkrise. Die Regierungschefs der Mitgliedstaaten der Union kamen zwar im Europäischen Rat zusammen, um über die Krise zu beraten, sahen aber keinen gemeinsamen Handlungsbedarf. Da die Krise schnell die Banken in Bedrängnis brachte beziehungsweise deren Zusammenbruch drohte, unternahm jeder Staat für sich Rettungsversuche. Diese bestanden hauptsächlich darin, die betroffenen Banken mit öffentlichen Finanzmitteln massiv zu stützen. Die Folgen waren äußerst ungleich verteilt: Während das wirtschaftlich starke Deutschland ohne allzu spürbare Folgen massenhaft Steuergelder in die Bankenrettung pumpen konnte, führte diese Strategie in weniger prosperierenden Ländern wie beispielsweise Irland oder Spanien direkt in eine hohe Staatsverschuldung. Die Finanzkrise wuchs sich zu einer Schuldenkrise aus.

Als folgenreiche verspätete Entscheidung ist die Reaktion der EU auf diese Schuldenkrise zu werten. Griechenland war der erste Staat, der im Jahre 2009 in die Schuldenfalle geriet, als ein Regierungswechsel von den Konservativen zu den Sozialdemokraten die enorme Schuldenlast ans Licht brachte. Da das Land die Bedienung der Schuldzinsen nicht mehr aus eigener Kraft stemmen konnte, bat der neugewählte Regierungschef Papandreou seine Kollegen in der Union um Hilfe. Diese Hilfe wurde allerdings, insbesondere von Deutschland, vehement abgelehnt. Die Bundesregierung berief sich dabei auf den EU-Vertrag, der kein Bail-Out2 von Staaten erlaube. Die Folge war zunächst, dass Griechenland von den Finanzmärkten auf Ramschniveau heruntergestuft wurde und infolgedessen die Zinsen für seine Schulden, und damit auch die Gesamthöhe des Schuldenbergs, exorbitant anstiegen.

Zudem kam es zu einem massiven Abfluss von Kapital aus dem Land, indem wohlhabende Griechen ihr Geld ins Ausland transferierten und damit die durch die Finanzkrise bereits geschwächten Banken in die Beinahe-Pleite trieben. Erst als deutlich wurde, dass die Probleme Griechenlands nicht für sich stehen, sondern auch andere Schuldnerstaaten betreffen beziehungsweise „anstecken“ könnten und somit die Schuldenkrise zu einer Eurokrise zu eskalieren drohte, war die Bundesregierung zum Einlenken bereit. In der Folge kam es dann zur Einrichtung zunächst eines vorläufigen und später eines permanenten sogenannten Rettungsschirms, mit dem zinsgünstige Kredite für die Schuldnerstaaten bereitgestellt wurden. Hätte die EU Griechenland sofort unterstützt, wäre es vermutlich nicht zu einer Euro-Krise gekommen.

Zu einseitigen Entscheidungen, deren Folgen noch nicht abzusehen sind, kam es dann im Zuge der Versuche, die Euro-Krise einzudämmen. Die Ursachen der Schuldenkrise einiger Mitgliedstaaten wurden nicht etwa in ihren ökonomischen Problemen und insbesondere dem Niedergang ihrer traditionellen Industriebasis gesehen, sondern einzig und allein in einem angeblich verantwortungslosen Verhalten. Dementsprechend wurde denn auch nicht an ein effektives Wachstums- und Umstrukturierungsprogramm für diese Länder gedacht, sondern ausschließlich an die Verschärfung der Kontrollen bezüglich der Einhaltung der Stabilitätskriterien innerhalb der Eurozone und der einzelstaatlichen Fiskalpolitik. Dazu wurden strengere Verfahrensregeln erlassen, die unter dem Namen Six-Pack und Two-Pack3 firmieren.

Die Logik dieser Regeln ist, dass die Mitgliedstaaten stärker angehalten werden, notfalls auch durch Sanktionen, ihre Haushaltspolitik an den Stabilitätskriterien auszurichten; zudem müssen sie ihre nationalen Haushaltsentwürfe von der Europäischen Kommission frühzeitig überprüfen lassen und gegebenenfalls Korrekturen vornehmen. Das Glanzstück dieser Politik ist allerdings der Europäische Fiskalpakt, ein Vertrag, der die Mitgliedstaaten unter anderem zur Einhaltung einer Art Schuldenbremse verpflichtet. Hier hat Deutschland seine eigene Politik auf die EU übertragen, allerdings ohne zu fragen, ob die anderen Staaten angesichts ihrer vielfältigen ökonomischen Probleme sowie ihrer Überschuldung überhaupt in der Lage seien, eine solche Schuldenbremse einzuführen.

Als ebenfalls einseitige Entscheidungen im Interesse Deutschlands und auch Frankreichs sind die wiederholten Verweigerungen von Schuldenschnitten, insbesondere für Griechenland, zu werten. In den Anfangsjahren der Schuldenkrise waren es die Interessen deutscher und französischer Banken, die bei diesen Entscheidungen im Vordergrund standen, denn diese waren in Griechenland stark engagiert; folgerichtig wurde denn auch auf die Bedienung aller Schuldzinsen gepocht. Im Jahr 2017 waren es dann aber einzig die parteipolitischen Interessen der CDU, die für die Verweigerung eines Schuldenschnittes, trotz massiven Drängens des IWF zugunsten einer solchen Maßnahme, den Ausschlag gaben. Denn vor der Bundestagswahl sollte keine unpopuläre Debatte über einen Schuldenerlass für Griechenland aufkommen, was Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble auch unumwunden in der Presse zugab.

In der Flüchtlingskrise kam es dann zu einer folgenreichen Nicht-Umsetzung von EU-Beschlüssen. Im Mai sowie September 2015 hatte der Rat der EU mit qualifizierter Mehrheit beschlossen, die in Griechenland und Italien gestrandeten Flüchtlinge auf den gesamten europäischen Raum umzusiedeln (Resettlement- und Relocation-Programme). Entsprechend der Größe und der Tragkraft der einzelnen Staaten wurden von den insgesamt ca. 170.000 Geflüchteten Deutschland ca. 27.500 zugewiesen, Polen dagegen ca. 6.200 und Ungarn sogar nur 1.300. Trotzdem weigerten sich gerade diese beiden Staaten, die ihnen zugewiesene Anzahl der Flüchtlinge aufzunehmen, vor allem mit dem Argument, sie seien in der Sitzung überstimmt worden und statt dieses Beschlusses hätte es eigentlich ein Ordentliches Gesetzgebungsverfahren geben müssen.

Folgerichtig wandten sich Ungarn und auch die Slowakei, unterstützt von Polen, an den Europäischen Gerichtshof; dieser hat inzwischen die Klage zurückgewiesen mit dem Argument, dass der Rat in Übereinstimmung mit dem Lissabon-Vertrag gehandelt habe. In der öffentlichen Debatte werden denn auch Polen und Ungarn beschuldigt, die EU-Beschlüsse nicht einzuhalten. Was dabei allerdings nicht thematisiert wird, ist, dass auch viele andere Staaten ihren Verpflichtungen bei Weitem nicht nachkommen, allen voran Deutschland. So hat die Bundesrepublik von den ihr zugewiesenen ca. 27.500 Geflüchteten bis Juli 2017, also zwei Monate vor Ablauf des auf zwei Jahre befristeten Programms, nur knapp 7.000 Personen aufgenommen. Auch hier wird versucht, im Vorfeld der Bundestagswahl möglichst wenig Aufsehen mit Flüchtlingsthemen zu erregen, und wenn das Thema doch zur Sprache kommt, den anderen europäischen Staaten die Schuld zuzuschieben.

Insgesamt stellt sich so das Bild einer tief zerstrittenen Union, bei der jeder dem jeweils anderen den „schwarzen Peter“ für Nicht-Entscheidungen, Fehlentscheidungen oder die mangelhafte Umsetzung von Entscheidungen zuschiebt. Obwohl die Kommission eine Reihe von realisierbaren Vorschlägen zur Behebung der Flüchtlingskrise unterbreitet hat, obwohl Italien massiv um Hilfe bittet, obwohl die Situation im Mittelmeer die Werte der EU Lügen straft, kommt es von Sitzung zu Sitzung zu keiner Lösung, womit die Räte in den Modus der Nicht-Entscheidung zurückfallen.


Schlussfolgerungen und Lösungswege: Stärkung der Mehrebenen-Struktur der EU

Aus dem Vorhergehenden ist der Schluss zu ziehen, dass die EU, soweit die Regierungen der Mitgliedstaaten die einzigen oder die dominanten Entscheidungsakteure sind, kaum handlungsfähig ist. Die enormen Interessendivergenzen und folglich der Dissens zwischen den Mitgliedstaaten behindern die Konsensfindung und vor allem Beschlüsse im Interesse des europäischen Gemeinwohls. Diesen Hindernissen liegen strukturelle Ursachen zugrunde: Intergouvernementale Organe haben grundsätzlich Schwierigkeiten, kollektiv zu handeln. Denn die Räte sind in erster Linie Gremien, in denen die unterschiedlichen Interessen der Mitgliedstaaten artikuliert und gegeneinander abgewogen werden müssen. Um dennoch zu Entscheidungen im Sinne des Gemeinwohls zu kommen, bedarf es zusätzlicher institutioneller Akteure, die strukturell dieses Gemeinwohl formulieren und vertreten können. Vor allem der Kommission in ihrer unabhängigen Position und mit ihrem umfassenden Initiativrecht kam und kommt diese Rolle im EU-System zu.

Die beschriebenen Schwierigkeiten wurden durch rezente Entwicklungen enorm verstärkt: einerseits durch Vertragsänderungen, die die Räte im EU-System weiter ermächtigt oder sogar zu einer Führungsrolle erhoben und die Kommission deutlich geschwächt haben; andererseits durch eine Entscheidungspraxis, die weniger konsensorientiert ist. Letztere wurde insbesondere durch die Krisen akzentuiert, indem die Mitgliedstaaten in ihrer Wirtschaftskraft und ihrem politischen Gewicht weiter auseinanderdrifteten und somit häufig unvereinbare Positionen vertraten.

Zudem stehen die einzelnen Regierungen stärker unter dem Druck der nationalen Politikarena, indem eine zunehmend Europa-skeptische Öffentlichkeit und vor allem rechtspopulistische Parteien die einseitige Vertretung nationaler Interessen erwarten oder einfordern. In der Folge ist die EU immer weniger in der Lage, schnelle und effektive Problemlösungen zu generieren. Soweit dennoch Ad-hoc-Maßnahmen eingeleitet wurden, entsprachen diese eher den Interessen der ökonomisch und politisch dominanten Mitgliedstaaten, womit ihnen ein breiter Konsens unter den Regierungen, aber auch die Akzeptanz der Bürger fehlt.

Zugleich fehlen Verfahrensweisen, die die beschriebenen Entwicklungen zumindest teilweise kompensieren könnten. Die Schwächung beziehungsweise weitgehende Ausschaltung der Kommission, insbesondere aus den krisenrelevanten Entscheidungsprozessen, verhindert das Einbringen von Lösungsvorschlägen, die expliziter am europäischen Gemeinwohl orientiert sind. Das Parlament, das ebenfalls als ein am europäischen Gemeinwohl orientierter Akteur zu werten ist, kann diese Lücke nicht füllen beziehungsweise kompensieren, zumal es ja an den krisenrelevanten Entscheidungsprozessen noch weniger beteiligt ist.

Die Schwächung der supranationalen Organe trägt somit zusätzlich zu der geringen Handlungs- und Problemlösungsfähigkeit der Union bei. Dementsprechend verliert die EU in der öffentlichen Meinung, auch bei grundsätzlich positiv gestimmten Bürgern, dramatisch an Zustimmung. Der Spielraum der nationalen Regierungen zum Eingehen von Kompromissen wird weiter eingeschränkt; es bildet sich ein Teufelskreis heraus.

Die beschriebenen Probleme lassen sich kurzfristig nicht lösen, da ihnen zum Teil strukturelle Einschränkungen zugrundeliegen. Dennoch wäre es möglich, über kleinere institutionelle Veränderungen und prozedurale Anpassungen eine allmähliche Umsteuerung zu erreichen, die längerfristig aus der Sackgasse führt.

So wäre als erstes die Kommission im Rahmen der neuen Politiken mit einem eindeutigeren Vorschlagsrecht auszustatten; das würde es ihr ermöglichen, Politiken und Handlungsstrategien in die Ratsdebatten einzubringen, die stärker am europäischen Gemeinwohl ausgerichtet sind. Zunächst könnte das informell beziehungsweise aufgrund von Ratsbeschlüssen geschehen, längerfristig könnte dann eine diesbezügliche Vertragsänderung folgen.

Zum zweiten sollte das Europäische Parlament in allen krisenrelevanten Politikfeldern einbezogen werden, zumindest mit einer beratenden Stimme. Auch dieser Schritt wäre zunächst auf informellem Wege möglich. Beide Schritte würden wesentlich mehr Handlungsalternativen in die Rats- und auch die öffentlichen Debatten einbringen und somit die demokratische Verfahrenskultur der Union signifikant stärken.

Ein dritter Schritt wäre, das Amt des Präsidenten des Europäischen Rates nicht mit einer speziell gewählten Person, meist aus dem Kreis der ehemaligen Regierungschefs, zu besetzen; vielmehr könnte es dem Kommissionspräsidenten in Personalunion übertragen werden. Damit wäre die Kommission im Europäischen Rat nicht nur in ihrer Rolle als Initiativnehmerin, sondern auch als Vermittlungsinstanz präsent; das europäische Gemeinwohl könnte so direkter während des gesamten Verhandlungs- und Entscheidungsprozesses in diesem Gremium Berücksichtigung finden.

Viertens müssten die Regierungen der Mitgliedstaaten wesentlich nachdrücklicher und offensiver als bisher in öffentlichen politischen Debatten vertreten und begründen, dass und inwieweit die europäische Integration durchaus im nationalen Interesse ist und dass selbst solidarische Maßnahmen, etwa eine tatsächliche Hilfe für Schuldnerstaaten, im langfristigen Interesse aller Beteiligten liegen. Gleichzeitig müssten sie sich wesentlich besser als bisher mit den Verhältnissen in anderen Staaten vertraut machen, etwa über entsprechend ausgewiesene Berater und auch eine intensivere transnationale Kommunikation, sodass ihre Entscheidungen in Zukunft die unterschiedlichen Verhältnisse und Effekte in den einzelnen Staaten qualifizierter und differenzierter berücksichtigen könnten.

Schließlich sollten, fünftens, die nationalen Parlamente eine stärkere Rolle bei anstehenden Entscheidungen spielen, dies allerdings nicht in der Form, dass sie die Position ihrer jeweiligen Regierung unterstützen, sondern eigene Handlungsalternativen erarbeiten und einbringen, etwa über die entsprechenden transnationalen Gremien.

Insgesamt müsste gesichert werden, dass die komplexe Mehrebenen-Struktur des EU-Systems bei allen Beschlüssen und Maßnahmen Berücksichtigung findet und dass die Elemente dieser Struktur in allen Entscheidungsprozessen durch entsprechend kompetente institutionelle Akteure vertreten werden. Das bedeutet konkret: Bei allen Entscheidungsprozessen der EU muss eine systematische Abwägung zwischen einerseits den europäischen und den nationalen Interessen, andererseits den partikularen nationalen Interessen untereinander gewährleistet sein, sodass weder die eine noch die andere Seite einseitig dominiert. Erst eine solche Union wäre funktionsfähig, und sie könnte dann auch eine breitere Akzeptanz unter den Bürgern erzielen.



1 Side-payments sind Ausgleichszahlungen in der Form von Subventionen für definierte Zwecke oder auch nicht-finanzielle Zugeständnisse an Mitgliedstaaten, die sich durch bestimmte EU-Beschlüsse benachteiligt sehen. Berühmtestes Beispiel ist die Einführung des Binnenmarktes, bei der die Zustimmung der Mittelmeerstaaten mit der Gewährung eines neuen Förderinstruments, des Kohäsionsfonds, erkauft wurde. Package Deals sind Beschlüsse über ein gesamtes Paket von Politiken oder Maßbahnen, bei denen für jeden Staat etwas Positives beziehungsweise Vorteilhaftes dabei ist.

2 Der englische Begriff Bail-out (Übersetzung: Rettung, aus der Klemme helfen) hat sich eingebürgert für die Bezeichnung der Schuldenübernahme durch Dritte, also einen Staat oder eine internationale Organisation. Der AEU-Vertrag schließt in Art. 125 eine Haftung der Union oder einzelner Staaten für Verbindlichkeiten anderer Staaten aus.

3 Das Six-Pack umfasst fünf Verordnungen und eine Richtlinie der EU, die die verbesserte Einhaltung der Stabilitätskriterien des Wachstums- und Stabilitätspakts einfordern und auch schärfere Sanktionen bei Nicht-Einhaltung vorsehen. Das Two-Pack beinhaltet zwei EU-Verordnungen, die eine strenge Überwachung der nationalen Haushaltsentwürfe durch die Kommission vorsehen.

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Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2008 (PVS – Politische Vierteljahresschrift. Sonderband 40/2007); 438 S.; brosch., 39,90 €; ISBN 978-3-531-14979-0
Die nach einem Gutachterverfahren der DVPW ausgewählten und auf einer Autorenkonferenz in einen konzeptionellen Rahmen gestellten Beiträge geben einen Überblick über die aktuellen Schwerpunkte europäischer Integrations- und Policy-Forschung. Mit dem Governance-Ansatz werden dabei die besonderen Modi der Politikgestaltung und „Bearbeitung kollektiver Probleme“ (18) im Mehrebenensystem der EU in den Blick genommen. Die Aufsätze sind drei Schwerpunkten gewidmet. Zum einen werden die spe...weiterlesen


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Literaturhinweis

Ingeborg Tömmel

Das politische System der EU

München, De Gruyter 2014, 4. Auflage

Tmmel Das pol System der EU„In zwölf konsistent aufgebauten und verständlich geschriebenen Kapiteln entwickelt Ingeborg Tömmel schrittweise ein klares Bild vom politischen System der EU. Das reicht von Erklärungsansätzen zur europäischen Integration über den historischen Werdegang des Integrationsprozesses bis hin zu Struktur und Funktionsweise der europäischen Organe. Weitere Themen sind die kontinuierliche Erweiterung und Ausdifferenzierung des EU-Systems sowie seine Effizienz, Effektivität und demokratische Verfasstheit. Den Abschluss bildet eine theoriegeleitete Zusammenfassung der Analyseergebnisse. Für die vierte Auflage wurde das Buch völlig überarbeitet und auf den neuesten Stand nach dem Vertragsschluss von Lissabon und dem Ausbruch der Euro-Krise gebracht.“ (Buchinformation)


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