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Kwame Anthony Appiah

Der Kosmopolit. Philosophie des Weltbürgertums. Aus dem Englischen übersetzt von Michael Bischoff

München: C. H. Beck 2009 (Beck'sche Reihe 1881); 222 S.; 12,95 €; ISBN 978-3-406-58488-6
Im Begriff des Kosmopolitismus seien zwei Stränge ineinander verwoben, schreibt Appiah, Philosophie-Professor in Princeton. „Der eine ist der Gedanke, dass wir Pflichten gegenüber anderen Menschen haben, die über die Blutsverwandtschaft und selbst über die eher formalen Bande einer gemeinsamen Staatsbürgerschaft hinausgehen. Der zweite Strang ist die Vorstellung, dass wir nicht nur den Wert menschlichen Lebens schlechthin, sondern des einzelnen menschlichen Lebens ernst nehmen müssen.“ (13) Von diesen Grundüberzeugungen aus entfaltet Appiah auf der Basis der (europäischen) Geistesgeschichte und konkreter Erfahrungen mit der Familie seines Vaters in Ghana ein zukunftsweisendes Konzept für das friedliche Zusammenleben der Menschen und Kulturen in einer globalisierten Welt. Interessant ist, dass er einen Konsens über Werte als nicht zwingend notwendig und zudem als unmöglich zu erreichen ansieht: „Wir besitzen keinen gemeinsamen Wortschatz im Bereich wertender Begriffe; wir legen denselben Begriffen unterschiedliche Bedeutung bei; und wir gewichten dieselben Werte verschieden.“ (93) Ohnehin geht Appiah nicht davon aus, dass Menschen immer von ihren Werten geleitet handeln, meist versuche man im Nachhinein das Tun zu rechtfertigen. Der Philosoph nimmt daher den anderen Weg: „Am Anfang war die Tat. Nicht Prinzipien, sondern praktische Handlungen befähigen uns, in Frieden zusammenzuleben.“ (113) Als Begründung für die Praktikabilität dieses Ansatzes nennt Appiah unter anderem den jahrhundertelangen kulturellen Austausch – und erinnert daran, dass der ursprünglich aus Ägypten stammende Dudelsack mit der römischen Infanterie nach Schottland gelangte. Kosmopoliten seien sich bewusst, dass die Wahrheit nur schwer zu finden sei und es viele Werte gebe, nach denen sich zu leben lohne – und dass das eigene Wissen angesichts neuer Erkenntnisse ständig revidiert werden müsse. Die goldene Regel des Weltbürgertums aber habe schon in der römischen Antike der Sklave und Dichter Terenz formuliert: „Ich bin ein Mensch, nichts Menschliches ist mir fremd.“ (140)
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 5.42 | 5.44 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Kwame Anthony Appiah: Der Kosmopolit. München: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/30601-der-kosmopolit_36342, veröffentlicht am 19.08.2009. Buch-Nr.: 36342 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken