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Ulf Faller

Der Kruzifixstreit oder Warum Schule säkular sein muss. Hintergründe einer notwendigen Debatte

Marburg: Tectum Verlag 2014; VII, 187 S.; pb., 17,95 €; ISBN 978-3-8288-3288-6
Der Kruzifixstreit über das Für und Wider der Präsenz von christlichen Symbolen in deutschen Klassenräumen mag für manche von zweitrangiger Bedeutung sein. Für Ulf Faller, Gymnasiallehrer in Baden‑Württemberg, geht es bei dieser Debatte allerdings um nichts weniger als „das Selbstverständnis unserer Kultur [und] die Frage nach verbindlichen Werten und Normen, aus denen sich der Zusammenhalt unserer Gesellschaft begründet“ (1). Daher will der Autor, der bereits zu Beginn des Buches transparent macht, dass er zur Seite der Religionskritiker gehört, neben dem Verlauf der Kruzifixdebatte auch einen Überblick über die Argumente von Befürwortern und Gegnern in Deutschland und seinen Nachbarstaaten liefern. Aus den verschiedenen Urteilen des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, den öffentlichen Debatten um Kruzifixe, Religionsunterricht und konfessionsfreie Schulen, in denen neben kirchlichen Würdenträgern vor allem auch politische Vertreter_innen das Wort ergriffen haben, zieht Faller die Schlussfolgerung, dass Symbole wie das Kreuz nicht mehr für „allgemein‑verbindliche Werte unserer Gesellschaft“ (40) stehen. Hieraus begründet er seine Forderung nach einer Laizismusdebatte, mit der er über das eigentliche Thema seines Buches – die Schule – weit hinausgeht. Anschließend will Faller in einem theologischen Exkurs die Frage klären, wofür das Kreuz eigentlich steht. Er beantwortet diese allerdings lediglich mit einer Reihe von Suggestivfragen, die Zweifel an der Geeignetheit des Kruzifix‘ als Symbol für alternativlose christlich‑kirchliche Wertvorstellungen für die Gesellschaft zum Ausdruck bringen sollen. Ferner fragt der Autor nach den Wurzeln der modernen demokratischen Gesellschaft(en) Europas und der Rolle des Christentums in diesem Zusammenhang. Zwar gibt er hierauf keine direkte Antwort, verweist aber mit Bezug auf Hans Joas auf alternative Quellen für ein kulturelles Fundament Europas. Christliche und auch zunehmend andere Religionen seien „als Bestandteil der Wertegemeinschaft Europas“ zu sehen, „aber nicht mehr als [ihr] alleiniges Wesensmerkmal“ (130). Dieses Urteil verbindet Faller mit der Forderung nach einer säkularen Schule. Er untermauert sein Argument abschließend, indem er das Diktum Wolfgang Böckenfördes auch als ein Plädoyer für eine säkulare Schule heranzieht. Demnach lebt zwar der freiheitlich‑säkulare Staat von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann; Bildungs‑ und Schulpolitik können jedoch ein Mittel des Staates sein, die moralische Substanz seiner Bürger zumindest zu schützen und zu stützen.
Christian Patz (CPA)
M.A., Politikwissenschaftler, wiss. Mitarbeiter, Institut für Sozialwissenschaften, Fachbereich Politikwissenschaft, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.
Rubrizierung: 2.232.2632.352.343 Empfohlene Zitierweise: Christian Patz, Rezension zu: Ulf Faller: Der Kruzifixstreit oder Warum Schule säkular sein muss. Marburg: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37461-der-kruzifixstreit-oder-warum-schule-saekular-sein-muss_45732, veröffentlicht am 28.08.2014. Buch-Nr.: 45732 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken