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Hans Günter Hockerts / Günther Schulz (Hrsg.)

Der "Rheinische Kapitalismus" in der Ära Adenauer

Paderborn: Ferdinand Schöningh 2016 (Veröffentlichungen der Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus 26); 211 S.; 29,90 €; ISBN 978-3-506-78270-0
Angesichts der Startbedingungen für die Bundesrepublik Deutschland und der hohen Erwartungen an die Beratungen im Parlamentarischen Rat müsste man eigentlich davon ausgehen, dass die zentralen Fragen zur Staatsgründung respektive zu den Motivlagen von Ordoliberalismus und sozialer Marktwirtschaft längst gestellt und beantwortet sind. Dass dem keineswegs so ist, zeigen die Herausgeber, die sich auf die 1991 von Michel Albert angestoßene Debatte über die Spezifika des Rheinischen Kapitalismus beziehen und vor diesem Hintergrund auf die damit verbundenen Institutionalisierungseffekte für Staat, Wirtschaft und Gesellschaft abheben. Dass in der Ära Adenauer zentrale Weichenstellungen geschaffen und langfristige, bis heute wirksame Entwicklungslinien vorgezeichnet wurden, ist unbestritten. Die Entscheidungen basierten auf Normen und Wertemustern, die heutzutage nur noch fragmentarisch vorhanden zu sein scheinen, sodass es in der Tat spannend ist, nach deren zentralen Wirkmechanismen und mehr noch nach deren Aktualität für die derzeitigen politischen Problemlagen zu fragen. Die hier orchestrierten Beiträge orientieren sich daher allesamt an den Besonderheiten eines Kapitalismus, der als Kombination aus Leistungs‑ und Fürsorgeanspruch daherkommt und bis in die moderne Wohlfahrtsstaatlichkeit hinein greifbar ist. Bedenkt man die Ungewissheiten des Wiederaufbaus und die Effekte des sich abzeichnenden Wirtschaftswunders, erweist Jan‑Otmar Hesse (Bayreuth) dem Kartellgesetz von 1958 seine Referenz, sollte dieses doch einerseits den Wettbewerb zügeln und gleichzeitig die wirtschaftliche Freiheit der Wirtschaftssubjekte garantieren. Der schwierige und bis heute nicht konfliktfreie Spagat schließt die Interessenvertretung durch die IHKs (Boris Gehlen, Bonn) und die Gewerkschaften (Wolfgang Schroeder, Kassel) ein. Dass auch die Kredit‑ und die Versicherungswirtschaft und die noch in den 1990er‑Jahren greifbare „Deutschland AG“ (dazu Christopher Kopper, Bielefeld) in die Betrachtungen einfließen, spricht für das Konzept der Herausgeber. Ein dankenswerterweise beigefügtes Personenregister rundet den gelungenen Band ab.
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Rubrizierung: 2.32.3132.3422.331 Empfohlene Zitierweise: Martin Schwarz, Rezension zu: Hans Günter Hockerts / Günther Schulz (Hrsg.): Der "Rheinische Kapitalismus" in der Ära Adenauer Paderborn: 2016, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/40092-der-rheinische-kapitalismus-in-der-aera-adenauer_48120, veröffentlicht am 29.09.2016. Buch-Nr.: 48120 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken