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Torsten Mertins

Der Spannungsfall. Eine Untersuchung zur Notstandsverfassung des Grundgesetzes unter besonderer Berücksichtigung der Abwehr terroristischer Gefahren

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2013 (Studien und Materialien zur Verfassungsgerichtsbarkeit 112); 206 S.; 54,- €; ISBN 978-3-8329-7519-7
Rechtswiss. Diss. Göttingen; Begutachtung: T. Mann, W. Heun. – Der Notstand ist im Lichte von Terroranschlägen mit großen Opferzahlen auch in europäischen Großstädten wieder in die politische Debatte und – siehe jüngst in Frankreich – auch in die staatliche Praxis zurückgekehrt. Torsten Mertins untersucht, ob zur Abwehr außergewöhnlicher und konkreter Bedrohungen auch die im Grundgesetz geregelte Feststellung des „Spannungsfalls“ (Art. 80a GG) infrage kommt. Was genau der Spannungsfall ist, der im Rahmen der Notstandsgesetzgebung in das Grundgesetz aufgenommen worden ist, wird im Verfassungstext nicht näher definiert. Unter den Bedingungen des Ost‑West‑Konflikts wurde darunter eine Art Vorstufe zum Verteidigungsfall gesehen, die insofern eine Mobilisierungs‑ und Warnfunktion für die Bevölkerung (aber wohl auch für den militärischen Gegner) hat. Die Entscheidung über die Einschränkung von Grundrechten im Spannungsfall verbleibt beim Parlament. Handelt es sich bei diesem Fall nun um ein Relikt des Kalten Krieges oder kann er auch bei der Abwehr von schwerwiegenden terroristischen Bedrohungen Anwendung finden? Um diese Frage zu beantworten, prüft Mertins die konkreten Vorgaben des Grundgesetzes zum Anwendungsbereich des Spannungsfalles. Er hebt hervor, dass bei terroristischen Angriffen die Anwendung des Verteidigungsfalles aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht in Betracht komme, der Spannungsfall unter bestimmten Bedingungen aber schon. Dieser sei „nicht eine zeitliche, sondern eine qualitative Vorstufe des Verteidigungsfalles“ (185) und zudem das mildere Mittel zur Bewältigung von Notstandslagen. Angemessen sei die Feststellung „nur dann, wenn der Angriff wesentliche Teile der Bevölkerung betrifft und geeignet ist, das öffentliche Leben erheblich zu beeinträchtigen“ (186). Für politikwissenschaftlich interessierte Personen ist das Buch lehrreich, weil es einen Einblick in die Abwägung von Rechtspositionen gibt und zugleich erkennen lässt, welche Folgen die Feststellung des Spannungsfalles im Rahmen des Repertoires an staatlichen Reaktionsmöglichkeiten haben kann.
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Rubrizierung: 2.322.37 Empfohlene Zitierweise: Wilhelm Knelangen, Rezension zu: Torsten Mertins: Der Spannungsfall. Baden-Baden: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39143-der-spannungsfall_46922, veröffentlicht am 03.12.2015. Buch-Nr.: 46922 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken