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Jürgen Roth

Der stille Putsch

München: Wilhelm Heyne Verlag 2014; 319 S.; 19,99 €; ISBN 978-3-453-20027-2
Dem Journalisten Jürgen Roth geht es um den Nachweis eines schleichenden und stillen, sich zu einem Großteil bereits vollzogenen Systemwechsels in Europa. Dabei seien die sozialen Sicherungssysteme zerstört und die Menschenrechte bedeutungslos gemacht worden. Ziel dahinter sei es, „die Machterhaltung, Besitzstandswahrung und Vermögensvermehrung […] [einer] globalen Elite“ (10) zu sichern, weswegen sich eben jene miteinander vernetzt habe. Dieser Vernetzung geht Roth auf gut 80 Seiten seines Buches explizit nach, indem er unter anderem Teilnehmer der exklusiven und abseits der Öffentlichkeit stattfindenden Treffen der sogenannten Bilderberger (sie „sind, mit extrem wenigen Ausnahmen, Mitglieder der Elite des neoliberalen Ordnungssystems“ [55]), des Entrepreneurs‘ Roundtable und des European Round Table of Industrialists benennt. In seinen Darstellungen fallen so bekannte Namen wie Mario Dragi und José Manuel Barroso, aber auch in der deutschen Öffentlichkeit weitgehend unbekannte wie Paolo Scaroni (Vorstandsvorsitzender der Erdöl‑ und Stromversorgungsunternehmen Enel und Eni). Für den „langen, erfolgreichen Marsch der neoliberalen Ideen durch die Institutionen“ (49) bedienten sich die Netzwerke insbesondere der Korruption, wie Roth vorrangig an den Beispielen Portugal und Griechenland nachzuzeichnen versucht. So würden in wichtigen Ressorts tätige Politiker_innen/Minister_innen zunächst Entscheidungen initiieren, die zugunsten kapitalistischer Interessen seien (beispielsweise die Privatisierung von Staatsunternehmen und ‑immobilien), und nach ihrer politischen Karriere sofort gut bezahlte Posten in Wirtschaftsunternehmen bekleiden, die von den zuvor beschlossenen Entscheidungen profitierten. Nachdem Roth dann die sozialen Auswirkungen der im Zuge von Finanz‑ und Eurokrise beschlossenen politischen Maßnahmen erläutert hat, widmet er sich in seinem letzten Kapitel einigen Bewegungen, deren Arbeit und Aktionen er als Widerstand gegen den stillen Putsch begreift. Auf ihnen ruhen seine Hoffnungen.
Ines Weber (IW)
M. A., Politikwissenschaftlerin (Kommunikationswissenschaftlerin, Psychologin), wiss. Mitarbeiterin, Institut für Sozialwissenschaften, Christian-Albrechts-Universität Kiel.
Rubrizierung: 2.2 | 2.61 | 3.5 | 2.22 | 2.23 Empfohlene Zitierweise: Ines Weber, Rezension zu: Jürgen Roth: Der stille Putsch München: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37484-der-stille-putsch_45636, veröffentlicht am 04.09.2014. Buch-Nr.: 45636 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken