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Alexander Gallus / Thomas Schubert / Tom Thieme (Hrsg.)

Deutsche Kontroversen. Festschrift für Eckhard Jesse

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2013; 620 S.; 98,- €; ISBN 978-3-8487-0114-8
„Optimierung der Demokratie: So kann Eckhard Jesses Intention als Wissenschaftler zusammenfassend zum Ausdruck gebracht werden“ (333), resümiert Eberhard Schuett‑Wetschky. Jesse, Professor an der TU Chemnitz, ist einer der renommiertesten, aber auch einer der streitbarsten Vertreter seines Fachs. In der Einleitung legen die Herausgeber Jesses wissenschaftlichen Werdegang ausführlich dar und umreißen gleichzeitig die erhobene Kritik anderer Wissenschaftler an einigen Ansätzen des Jubilars (zum Beispiel die Bewertung des Historikerstreits, der Extremismus‑Begriff oder die politisch‑ideologische Einordnung der Linkspartei als extremistische Partei). Über 40 Autoren, darunter viele namhafte Vertreter der deutschsprachigen Politikwissenschaft, behandeln die Forschungsschwerpunkte Jesses, allen voran das Parteien‑ und Wahlsystem, Extremismus‑ und Demokratietheorien sowie die deutsche Zeitgeschichte. Darüber hinaus laden viele Beiträge zu neuen Debatten ein. Dabei scheuen sich einige Autoren nicht, Minderheitspositionen zu vertreten. So spricht sich Frank Decker für eine Direktwahl der Ministerpräsidenten aus, da ein präsidentielles Regierungssystem besser zu den Aufgaben der Landespolitik passe, mit der wachsenden Nutzung direktdemokratischer Verfahren besser vereinbar sei und die Eigenständigkeit der Länder gegenüber dem Bund hervorhebe. Sebastian Liebold plädiert für die Wiedereinführung der Wehrpflicht, aus der seiner Meinung nach eine gewissenhaftere Verteidigungspolitik resultiere. Höchst debattierfreudig kritisiert Eberhard Schuett‑Wetschky die „traditionelle Parlamentarismustheorie“ Paul Kirchhofs, der das Parlament – verkürzt gesprochen – zu einem parteiübergreifenden Entscheidungskörper transformieren möchte. Schuett‑Wetschky degradiert diesen idealistischen Ansatz als „Wunschvorstellung“, die „zum Scheitern verurteilt“ sei und der „Politikverdrossenheit unnötig Vorschub“ (344) leiste. Fast alle Beiträge regen zu wissenschaftlichen Diskussionen an und enthalten ein persönliches Fazit der Autoren. Streng genommen hätte es allerdings der direkten Gegenüberstellung konträrer Positionen bedurft, um die titelgebenden „Kontroversen“ innerhalb des Bandes tatsächlich erreichen zu können. Dennoch spiegelt die Festschrift die immense Bandbreite von Jesses Forschungsfeldern wider und gibt zugleich einen detaillierten Einblick in die gegenwärtige Situation der deutschen Politikwissenschaft.
Stefan Müller (SMÜ)
B. A., Politikwissenschaftler, Student, Trinity College Dublin.
Rubrizierung: 1.31.15.22.32.312.322.3312.352.372.61 Empfohlene Zitierweise: Stefan Müller, Rezension zu: Alexander Gallus / Thomas Schubert / Tom Thieme (Hrsg.): Deutsche Kontroversen. Baden-Baden: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36311-deutsche-kontroversen_44534, veröffentlicht am 17.10.2013. Buch-Nr.: 44534 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken