Skip to main content
Wilhelm Heitmeyer (Hrsg.)

Deutsche Zustände. Folge 10

Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2012 (edition suhrkamp 2647); 336 S.; 15,- €; ISBN 978-3-518-12647-9
„Die Würde bestimmter Menschen und die Gleichwertigkeit von Gruppen sind antastbar. Das gehört zur persönlichen Bilanz“ (326). Mit diesem beunruhigenden Fazit schließt Heitmeyer den zehnten und letzten Band der „Deutschen Zustände“. Die Reihe basiert auf einem zehnjährigen Projekt, in dem die Einstellungen der deutschen Gesellschaft gegenüber schwachen Gruppen untersucht wurden. Hierfür wurde das Konzept der „Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit“ (15) entwickelt, mit dem die Abwertung einzelner Gruppen erfasst werden kann. Leitfragen des Projekts waren, welche Gruppen wie und weshalb von anderen abgewertet werden und welche Erklärungen dafür auffindbar sind. Untersucht wurden insbesondere Abwertungen gegenüber Ausländern, Juden, Homosexuellen und Frauen, erweitert wurden die Kriterien noch um Langzeitarbeitslose, Sinti und Roma. Dabei wurden die Analysen immer auch in den zeitgeschichtlichen Kontext gestellt. Heitmeyer bezeichnet das erste Jahrzehnt des neuen Jahrtausends als entsichertes Jahrzehnt. Ursachen hierfür seien große Ereignisse wie beispielsweise der 11. September 2001 (Islamfeindlichkeit), die Einführung von Hartz IV (Statusverluste) sowie die Finanz- und Schuldenkrise (ökonomische Unsicherheit). Vor diesem Hintergrund wird im letzten Band Bilanz gezogen, wie sich die „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ (276) über zehn Jahre entwickelt hat. Die Ergebnisse sind trotz einiger positiver Entwicklungen, etwa der Abnahme von Sexismus, beunruhigend. Insgesamt bleibt die Abwertung einzelner Gruppen präsent, so möchten immer weniger Menschen in Gebieten mit vielen Muslimen wohnen. Auch Langzeitarbeitslose und Hartz IV-Empfänger werden weiterhin abgewertet, besonders von Menschen mit höherem Einkommen. Viele Menschen fühlen sich darüber hinaus machtlos gegenüber der Politik beziehungsweise haben kein Vertrauen mehr. Diese Entwicklungen liefen einem friedlichen und gleichwertigen gesellschaftlichen Zusammenleben entgegen und könnten, so Heitmeyer, zu weiteren sozialen Verwerfungen führen. Damit warnt er vor einer „explosive[n] Situation als Dauerzustand“ (34).
Matthias Seifert (MSE)
Politikwissenschaftler, Lehrer für Gemeinschaftskunde und Englisch, Gymnasium Englisches Institut Heidelberg.
Rubrizierung: 2.35 | 2.37 | 2.3 Empfohlene Zitierweise: Matthias Seifert, Rezension zu: Wilhelm Heitmeyer (Hrsg.): Deutsche Zustände. Folge 10 Frankfurt a. M.: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34783-deutsche-zustaende-folge-10_41818, veröffentlicht am 23.02.2012. Buch-Nr.: 41818 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken