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Wilhelm Heitmeyer (Hrsg.)

Deutsche Zustände. Folge 6

Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2008 (edition suhrkamp 2525); 309 S.; 12,- €; ISBN 978-3-518-12525-0
Mit dem sechsten Band geht die Reihe nach Auskunft des Herausgebers in die zweite Halbzeit. Ein Schwerpunkt liegt diesmal auf der Form der Ausgrenzung und Diskriminierung von vermeintlich überflüssigen oder nutzlosen Menschen, in Deutschland zumeist unter der Chiffre Hartz IV zu finden. Durch die „Ökonomisierung des Sozialen“ (55) würden Muster der Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit (GMF) auf sozial Schwache übertragen, lautet eine Schlussfolgerung. Drei Beiträge zum theoretischen Konzept der GMF führen in die Thematik ein, gefolgt von den empirischen Analysen, die neben den Anfeindungen sozial Schwacher auch den Formen realer oder vermeintlicher Islamphobie gewidmet sind. Außerdem werden Gegenmaßnahmen zu derartigen gesellschaftlichen Entwicklungen vorschlagen. In den weiteren Kapiteln sind Fallbeispiele, Aufsätze von Journalisten und Projektbeispiele versammelt, die sich vor allem gegen den Rechtsextremismus richten. Der Band schließt mit dem Abdruck eines Gesprächs zwischen Jutta Limbach, dem ZEIT-Redakteur Gunter Hofmann und Heitmeyer. Insgesamt liefert diese einzigartige Langzeitstudie äußerst wertvolle Einsichten in gefährliche oder bedenkliche Denkmuster und deren Verbreitung in der deutschen Gesellschaft. Was diese Pionierleistung etwas schmälert, sind die bisweilen pauschal formulierten Werturteile und Schuldzuschreibungen gesellschaftlicher Gruppen, etwa was die Rolle DER Medien und DER Eliten betrifft oder der angebliche „Zusammenhang zwischen den von gesellschaftlichen Eliten über die Medien reproduzierten Bildern von Hartz-IV-Empfängern [...]“. Solche Behauptungen von Kausalitäten sind durch die Datenerhebung nicht gedeckt. Die Schwierigkeit der Interpretation der Daten besteht darin, dass – wie bei allen quantitativen Befragungen – manche Fragen etwas anderes messen als beabsichtigt, so etwa diejenigen zur Ablehnung des Islams oder zur Rücksichtnahme auf Versager. Dennoch kann die Reihe tatsächlich für sich in Anspruch nehmen, bedenkliche Zustände in Deutschland empirisch nachzuweisen.
Dirk Burmester (DB)
Dr., Politikwissenschaftler, wiss. Angestellter der Freien und Hansestadt Hamburg.
Rubrizierung: 2.35 | 2.331 | 2.37 Empfohlene Zitierweise: Dirk Burmester, Rezension zu: Wilhelm Heitmeyer (Hrsg.): Deutsche Zustände. Folge 6 Frankfurt a. M.: 2008, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/28767-deutsche-zustaende-folge-6_33938, veröffentlicht am 07.04.2008. Buch-Nr.: 33938 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken