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Wilhelm Heitmeyer (Hrsg.)

Deutsche Zustände. Folge 8

Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2010 (edition suhrkamp 2602); 319 S.; 15,- €; ISBN 978-3-518-12602-8
Ganz im Zeichen der globalen Finanzkrise steht die achte Folge der „Deutschen Zustände“. Seit 2002 veröffentlicht die Bielefelder Forschungsgruppe um Wilhelm Heitmeyer die Ergebnisse ihrer Langzeitstudie zur Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit (GMF). Dabei werden die allgemeinen Trends dargestellt, die im Zuge der Surveys ermittelt wurden, spezielle Einzelstudien aus dem Forschungsbereich vorgestellt und in reportageartigen Stücken tiefere Einblicke in die Wirklichkeit geboten. Dem GMF‑Komplex werden zugerechnet: Rassismus, Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit, Abwertung von Obdachlosen, Homosexuellen, Behinderten und (seit 2007) Langzeitarbeitslosen, Einforderung von Etabliertenvorrechten, Islamophobie und Sexismus. Die empirischen Analysen lassen erneut erkennen, dass es sich bei GMF um ein Syndrom handelt, bei dem die einzelnen Vorurteile, Abwertungen und Diskriminierungen statistisch korreliert sind. Aktuell beobachtet die Forschungsgruppe eine „Radikalisierung der Unübersichtlichkeitsproblematik“, da „bisher geltende ‚Spielregeln'; ökonomischer, politischer und sozialer Art [8230;] unterlaufen, manipuliert, verdeckt oder außer Kraft gesetzt“ worden seien. Dies belaste „die gesellschaftliche Ordnung einschließlich des demokratischen Systems“ (41). So dokumentiert der Band beispielsweise Erkenntnisse darüber, inwieweit Ursachenzuschreibungen für die Krise vor dem Hintergrund von Antisemitismus, Antiamerikanismus und Fremdenfeindlichkeit vorgenommen werden. Die reportageähnlichen Fallgeschichten treten in dieser Folge etwas in den Hintergrund, thematisiert werden u. a. Aggressivität, Werteverfall und die Lage der Hartz‑IV‑Kinder. Günter Wallraff, der jüngst mit brisanten Reportagen über die soziale Desintegration der deutschen Gesellschaft an die Öffentlichkeit trat, beschreibt die „Abschaffung von Würde“ (223). In den letzten beiden Abschnitten werden „gefährliche menschenfeindliche Vorgänge“, so die Kapitelüberschrift, geschildert und der Zustand der Demokratie diskutiert. Nützlich ist der Anhang, der alle empirischen GMF‑Analysen auflistet, die in den vorangegangenen sieben Folgen erschienen sind.
Gideon Botsch (GB)
Dr., Dipl. Pol., wiss. Mitarbeiter, Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien Potsdam (http://www.mmz-potsdam.de).
Rubrizierung: 2.35 Empfohlene Zitierweise: Gideon Botsch, Rezension zu: Wilhelm Heitmeyer (Hrsg.): Deutsche Zustände. Folge 8 Frankfurt a. M.: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/31941-deutsche-zustaende-folge-8_38091, veröffentlicht am 10.03.2010. Buch-Nr.: 38091 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken