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Michael Weigl

Die CSU. Akteure, Entscheidungsprozesse und Inhalte einer Partei am Scheideweg

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2013 (Die politischen Parteien der Bundesrepublik Deutschland); 342 S.; 24,90 €; ISBN 978-3-8329-5298-3
Die Studie über die CSU ist in fünf Kapitel unterteilt, wobei Weigl zunächst grundsätzlich auf die Spannungsfelder parteilicher Willensbildung und in diesem Zusammenhang auf den Gegensatz von Einflusslogik und Mitgliedschaftslogik eingeht. Auf den ersten Blick scheine kaum erklärbar, dass Parteien überhaupt funktionieren können, denn trotz der hierarchischen Binnengliederung besitze nicht einmal der Parteichef klar definierte Sanktionsmöglichkeiten: „Niemand ist in einer Partei des anderen Boss.“ (17) Während die Mitglieder auf (zeitaufwändige) Konsensentscheidungen drängten und sich Transparenz sowie Basisbeteiligung auf Augenhöhe mit der Parteiführung wünschten, sei die Leitungsebene im Sinne der Einflusslogik an kurzen Entscheidungswegen, Vertraulichkeit sowie einer (medialen) Geschlossenheit interessiert, weshalb öffentlich ausgetragene Kontroversen vermieden werden sollten. Die beiden Logiken verlangten Parteien daher mitunter einen „Spagat“ (22) ab. Vor diesem Hintergrund widmet sich der Autor zunächst den historischen Wurzeln und der programmatischen Entwicklung der CSU. Neben der jahrzehntelangen (und 2013 restituierten) Alleinregierung seien die „fünf Säulen christlich‑sozialer Programmatik“ (50) für den Kurs der Partei charakteristisch. Demnach bemüht sich die auf christlichem Wertefundament stehende CSU um die Vereinbarung scheinbar unvereinbarer Ziele, will beispielsweise sowohl die Partei der „kleinen Leute“ als auch des Kapitals sein sowie die Interessen von ländlichem Raum und Städten gleichermaßen vertreten. Im Kapital „Organisationsstruktur und interne Entscheidungsprozesse“ (78 ff.) nimmt Weigl hierauf die wichtigsten Akteure und ihr Einflusspotenzial unter die Lupe, wobei er sich am Schema der „drei Gesichter von Parteien“ (Party on the Ground, Party in Central Office, Party in Public Office) entlang bewegt. Als Untersuchungsrahmen der „Ausprägungen parteilicher Willensbildungs‑ und Entscheidungsprozesse in der CSU“ (133 ff.) unterscheidet Weigl fünf zweipolige Dimensionen (offen‑exklusiv; dialogisch‑hierarchisch; formal‑informell; direkt‑indirekt; nachhaltig‑situativ) und geht dabei auch auf die unterschiedlichen Führungstechniken der CSU‑Parteivorsitzenden und bayerischen Ministerpräsidenten wie Goppel, Strauß, Streibl, Stoiber und aktuell Seehofer ein. Im letzten empirischen Abschnitt analysiert Weigl das Wählerpotenzial und die strategischen Optionen der CSU im Parteienwettbewerb. Im Fazit bescheinigt er der CSU‑Landes‑ und der Europagruppe einen in den vergangenen Jahren angewachsenen Einfluss, während die Landtagsfraktion nach dem Verlust des „Nimbus der Unbesiegbarkeit“ (284) bei den Wahlen 2008/09, die unter anderem die erste Koalitionsregierung in Bayern seit mehr als vier Jahrzehnten zur Folge hatten, gelitten habe.
Ulrich Heisterkamp (HEI)
Politikwissenschaftler, Doktorand am Institut für Politikwissenschaft der Universität Regensburg.
Rubrizierung: 2.331 | 2.325 Empfohlene Zitierweise: Ulrich Heisterkamp, Rezension zu: Michael Weigl: Die CSU. Baden-Baden: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36355-die-csu_44454, veröffentlicht am 31.10.2013. Buch-Nr.: 44454 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken