Die deutsche Revolution 1918/19. Eine Analyse
Die deutsche Revolution 1918/19 ist zwar nicht mehr in dem Maße Gegenstand öffentlicher Debatten wie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Gleichwohl ist dieses Datum als Ausgangspunkt der republikanischen Geschichte Deutschlands noch immer ein zentraler Referenzpunkt auch im politischen und wissenschaftlichen Diskurs der Gegenwart. Die politische Rechte etwa bezieht sich nach wie vor in tiefer Ablehnung auf jene Jahre des demokratischen Aufbruchs. Auf der anderen Seite des politischen Spektrums liest man – ganz aktuell – über Analogien im Kontext einer damals wie heute gespaltenen Sozialdemokratie, die aufgrund widerstreitender Vorstellungen über eine egalitäre und demokratische Republik bis heute uneins ist. Das sind keineswegs rein akademische Fragen, es kommen vielmehr unterschiedliche gesellschaftspolitische Vorstellungen zum Tragen, die in der politischen Öffentlichkeit nach wie vor virulent sind. Helga Grebing, die Grande Dame der akademischen Begleitung der Arbeiterbewegung und der Sozialdemokratie in Deutschland, hat in diesem Band Beiträge aus den letzten drei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts versammelt und erneut veröffentlicht, die in der Deutung dieser historisch-politisch einschneidenden Jahre in der jüngeren deutschen Geschichte zu den bis heute einflussreichsten zählen. Neben dem wissenschaftlichen Gewinn, den eine erneute Lektüre dieser Beiträge garantiert, ist auch der demokratiepolitischen Botschaft der Herausgeberin ohne Einschränkung zuzustimmen, denn nichts versteht sich von selbst; jeder gesellschaftspolitische Fortschritt wurde erkämpft und muss auch in Zukunft erkämpft werden: „Welche Bedeutung man dem freien und gleichen Wahlrecht für Männer und Frauen, dem Achtstundentag, dem unbeschränkten Koalitionsrecht, der Aufhebung der Gesindeordnung geben mag. Eine demokratische Republik, die erste in der deutschen Geschichte, hätte es ohne den Aufstand der Arbeiterbewegung im November 1918 jedenfalls nicht gegeben.“ (12)