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Hans Vorländer (Hrsg.)

Die Deutungsmacht der Verfassungsgerichtsbarkeit

Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2006 (Verfassung und Politik); 393 S.; brosch., 39,90 €; ISBN 978-3-531-14959-2
Im Unterschied zu Arbeiten, die sich mit den staats- und demokratietheoretischen Vorverständnissen in der verfassungsgerichtlichen Spruchpraxis auseinandersetzen, zielt der Ansatz der Forschungsgruppe um Vorländer auf die prozessual-symbolische Dimension der Machtstellung von Verfassungsgerichten. Vorländer sieht deren Besonderheit in ihrer Deutungsmacht: eine weiche Macht ohne direkte Exekutivgewalt, die sich „auf symbolische und kommunikative Geltungsressourcen stützt und die sich in der Durchsetzung von Leitideen und Geltungsansprüchen manifestiert“, also „auf der Bereitstellung und Mobilisierung von unterschiedlichen Sinn- und Geltungsressourcen beruht, die in ihrer Gesamtheit zur Erzeugung einer als legitim akzeptierten Deutung beitragen“(17). Bei dieser auf „auctoritas“, nicht auf „potestas“ fußenden Macht der Gerichte als Verfassungsinterpreten lassen sich verschiedene Phasen unterscheiden: so etwa eine Etablierungsphase, bei der sich die Verfassungsgerichte ihre Position im Wege einer Selbstautorisierung erstreiten und spezifische machtpolitische Strategien beobachten (z. B. der dialektische Umgang des Gerichts im Hinblick auf Ent-/Verzeitlichung seiner Urteile sowie die Aura erzeugenden Mechanismen der Selbstdarstellung und Selbstverhüllung). In den drei Hauptteilen werden diese Aspekt auf überzeugenden Weise analysiert: zunächst durch die theoretische Fundierung der Deutungsmacht im Umfeld der Begriffe Autorität, Charisma etc., in einem zweiten Teil mit Blick auf ausgewählte Aspekte der Deutungsmacht des Bundesverfassungsgerichts; schließlich mit vergleichenden Bezügen zu Verfassung und Verfassungsgerichtsbarkeit in Frankreich, Kanada, England und der DDR. Dabei kann der Band angesichts des generellen Forschungsinteresses der Dresdner Gruppe auch als grundlegende (Vor)arbeit zu der schon angekündigten nächsten Publikation verstanden werden, die dann speziell dem Bundesverfassungsgericht gilt.
Robert Chr. van Ooyen (RVO)
Dr., ORR, Hochschullehrer für Staats- und Gesellschaftswissenschaften, Fachhochschule des Bundes Lübeck; Lehrbeauftragter am OSI der FU Berlin sowie am Masterstudiengang "Politik und Verfassung" der TU Dresden.
Rubrizierung: 2.323 | 2.61 | 2.64 | 2.314 | 2.21 | 2.313 Empfohlene Zitierweise: Robert Chr. van Ooyen, Rezension zu: Hans Vorländer (Hrsg.): Die Deutungsmacht der Verfassungsgerichtsbarkeit Wiesbaden: 2006, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/26044-die-deutungsmacht-der-verfassungsgerichtsbarkeit_30294, veröffentlicht am 25.06.2007. Buch-Nr.: 30294 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken