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Anna Menny / Britta Voß (Hrsg.)

Die Drei Kulturen und spanische Identitäten. Geschichts- und literaturwissenschaftliche Beiträge zu einem Paradigma der iberischen Moderne

Freiburg: Fördergemeinschaft wissenschaftlicher Publikationen von Frauen 2011; 202 S.; 19,90 €; ISBN 978-3-939348-21-4
Das iberische Mittelalter (711-1492) gilt als Phase eines friedfertigen Zusammenlebens von Christen, Juden und Mauren. Doch seither, so die Herausgeberinnen, scheinen Juden und Mauren aus dem „Gebäude der Hispanität“ (9) ausgeschlossen. Ist der „Kern spanischer Wesenheit“ (10) nun mit dem Katholizismus gleichzusetzen oder ist eine Integration jüdischer und maurischer Elemente zu erkennen? Seit 1978 ist Spanien gemäß der Verfassung ein akonfessioneller Staat und doch zeigen die Beiträge, dass sich das Land nach wie vor in einem Selbstverständigungsprozess befindet. Xosé-Manoel Núñez Seixas betrachtet die spanische Geschichtspolitik zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Er kommt zu dem Ergebnis, dass sich von der Gruppe der Konservativen, die den Franquismus gern aus dem nationalen Gedenken ausklammern, die konservativen Neopatrioten trennen lassen. Diese deuten Franco als ersten Modernisierer Spaniens und betonen ansonsten vor allem die geleistete Transition in der Nach-Franco-Zeit als Erfolg aller Spanier. Als fatal wertet Seixas die Folgen der Bombenanschläge von Madrid im März 2004. Seither werden die Muslime zu den „traditionellen Feinden Spaniens“ (34) gezählt. Wenig optimistisch schließt der Autor, dass die Zeit der Drei Kulturen kaum noch erinnert werde. An eben diesem Punkt knüpft Britta Voß mit ihrem Beitrag an. Sie untersucht spanische Identitätsentwürfe seit 1975 vor dem Hintergrund zunehmender muslimischer Einwanderung. In der Debatte um die Integrationsfähigkeit von Einwanderern, so die Autorin, gelte schlicht die Religionszugehörigkeit als Scheidemerkmal. Als Beleg dafür werde häufig historisch mit der Geschichte der Morisken argumentiert, Konvertiten, die schließlich rebellierten und 1609 ausgewiesen wurden. Während der Staat versuche, die muslimische Sichtbarkeit zu fördern, erlebe die Gesellschaft dies mit „massivem Unbehagen“ (68) und als eine Form zweiter „arabischer (!) Invasion von 711, die sich nun scheinbar wiederholt“ (67). Die Beiträge sind die Ergebnisse eines Workshops an der Ludwig-Maximilians-Universität München aus dem Februar 2010.
Sabine Steppat (STE)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.61 | 2.23 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Anna Menny / Britta Voß (Hrsg.): Die Drei Kulturen und spanische Identitäten. Freiburg: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34577-die-drei-kulturen-und-spanische-identitaeten_41543, veröffentlicht am 15.03.2012. Buch-Nr.: 41543 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken