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Hans-Joachim Veen / Peter März / Franz-Josef Schlichting (Hrsg.)

Die Folgen der Revolution. 20 Jahre nach dem Kommunismus

Köln/Weimar/Wien: Böhlau Verlag 2010 (Europäische Diktaturen und ihre Überwindung 15); 183 S.; 19,90 €; ISBN 978-3-412-20597-3
Vier Ländergruppen seien aus dem Systemwandel in Osteuropa hervorgegangen, schreibt der ungarische Wirtschaftswissenschaftler László Csaba in dem knapp und präzise formulierten Schlussbeitrag. In der ölreichen Gruppe der GUS-Staaten scheine sich ein oligarchischer Kapitalismus herausgebildet zu haben; in einer zweiten Gruppe ein Manchesterkapitalismus mit der Folge, dass betreffende Länder wie die des Baltikums, Rumänien, die Slowakei und Bulgarien von der Finanzkrise „in Hinblick auf Ertragseinbußen und Arbeitsplatzverlust am schlimmsten getroffen wurden“ (172); drittens seien in ölarmen GUS-Staaten und in Südosteuropa normale Entwicklungsländer mit einer schwachen staatlichen Verwaltung entstanden und viertens näherten sich die Viségrad-Staaten (ohne die Slowakei) dem europäischen Rheinland-Typ der Marktgesellschaften an. Diese Spannbreite an Entwicklungen umfasst also den Themenkomplex, der sich aus der Frage ergibt, ob und inwieweit die Staaten des ehemaligen Ostblocks die Folgen der Diktatur überwunden haben. In den Beiträgen der ersten Hälfte des Tagungsbandes werden eher allgemeine politische Entwicklungen dargestellt, beispielhaft sei die Analyse des polnischen Historikers Krzysztof Ruchniewicz genannt, der die gegenwärtige politische Kultur seines Landes eng an die Erfahrungen mit dem kommunistischen Regime angebunden sieht. Im zweiten Teil stehen Analysen der wirtschaftlichen Entwicklung. Witold Małachowski beschreibt, um beim Beispiel Polens zu bleiben, eine Transformation, die ihren relativen Erfolg einer ordnungspolitischen Klarheit mit dem Ziel und der Umsetzung der Integration in die EU zu verdanken habe. Entwickelt habe sich eine dynamische Wirtschaft, so der Wirtschaftswissenschaftler. Allerdings zeichne sich Polen als Ganzes „durch ein niedriges Landesbruttosozialprodukt pro Einwohner von nur 40 % des Durchschnitts aller EU-Mitglieds- und Kandidatenländer“ (134) aus. Wesentlich düsterer fällt die Bestandsaufnahme von Mária Schmidt über zwanzig Jahre Demokratie in Ungarn aus, wo kein Elitenwechsel stattgefunden habe und in der Folge „Korruption und moralische Krise“ (65) öffentliche Verwaltung und Justiz funktionsunfähig gemacht haben. Auch Csaba attestiert dem Land viel verlorene Zeit, in wirtschaftlicher Hinsicht befinde sich Ungarn auf der Talfahrt zu einem der schwächsten Transformationsländer Europas.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.22.222.612.622.3252.315 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Hans-Joachim Veen / Peter März / Franz-Josef Schlichting (Hrsg.): Die Folgen der Revolution. Köln/Weimar/Wien: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33008-die-folgen-der-revolution_39430, veröffentlicht am 24.03.2011. Buch-Nr.: 39430 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken