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Hui Wang

Die Gleichheit neu denken. Der Verlust des Repräsentativen/Rethinking Equality. The Decline of Representation. Hrsg. von Julian Nida-Rümelin und Wolfgang Thierse mit Sigmar Gabriel und Thomas Meyer

Essen: Klartext 2012 (Philosophie und Politik XII; Kultur in der Diskussion 17); 176 S.; brosch., 10,- €; ISBN 978-3-8375-0711-9
In der Reihe werden Philosophen und Politiker miteinander ins Gespräch gebracht, in diesem Band findet ein Austausch über die Bedeutung von Gleichheit im Zusammenhang mit Demokratie, Freiheit und Gerechtigkeit sowie über die politische und ökonomische Situation im Westen und in China statt. Der zentrale Vortrag des chinesischen Philosophen Wang Hui ist in deutscher und englischer Sprache nachzulesen. Sein zentraler Gedanke ist, dass das Verhältnis von politischem und ökonomischem System neu austariert werden müsse, sollen Demokratie und Gleichheit neu gedacht werden. In westlichen Systemen werde die Demokratie quasi automatisch mit dem Kapitalismus verbunden. Wang Hui konstatiert nun jedoch, dass eine Entkopplung der politischen von der gesellschaftlichen Form stattfinde. Darin – und das ist die entscheidende These des Buches – liege die Ursache der Krise der politischen Legitimation. Wang Hui bezeichnet diese Krise als einen „repräsentativen Bruch“ (83). Darunter versteht er einen Mangel an Repräsentation der gesellschaftlichen Interessen. Vielmehr werden durch die sozialen Ungleichheiten nur noch die Interessen einiger Weniger repräsentiert. Dies liege auch in einer Krise der Parteien, des Rechtssystems und der Öffentlichkeit beziehungsweise der Medien begründet. Als Ausweg plädiert er für eine soziale Demokratie, die nur mit einer Demokratisierung der ökonomischen Struktur möglich sei. In diesen Zusammenhang gehören dann auch seine Überlegungen zur Gleichheit. Er hält eine Verknüpfung von Chancen- und Ergebnisgleichheit, Gleichheit der Fähigkeiten sowie von einer „Gleichheit aller Dinge“ (107) für notwendig. Während die ersten drei Gleichheiten fest im westlichen Theoriediskurs über Gleichheit verankert seien, gehe letzteres Konzept auf den chinesischen Denker Zhang Taiyan zurück, der damit fordere, „alle Gegebenheiten auf der gleichen Ebene als Subjekte zu behandeln – diejenigen in der menschlichen Gattung ebenso wie diejenigen in der Natur“ (108). Das Konzept kann nach Wang Hui als ein ethisches Prinzip verstanden werden, wonach jedes Ding im Weltall mit seinen besonderen Eigenschaften zu respektieren ist. Neben den philosophischen Gedanken geht Wang Hui immer wieder auf die derzeitige Situation im Westen und in China ein und plädiert für eine differenzierte Sichtweise auf China. Dies wird auch in der Podiumsdiskussion deutlich. Hier weist er auf die Responsivität des chinesischen politischen Systems und die existierenden Kanäle zwischen einer sich entwickelnden Zivilgesellschaft und der autoritären politischen Führung hin. Insofern reiche eine rein binäre Bestimmung von politischen Systemen in „demokratisch“ oder „autoritär“ nicht aus, um die chinesischen Verhältnisse zu charakterisieren.
Jan Achim Richter (JAR)
Dipl.-Politologe, Doktorand, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 5.41 | 5.42 | 2.2 | 2.23 Empfohlene Zitierweise: Jan Achim Richter, Rezension zu: Hui Wang: Die Gleichheit neu denken. Der Verlust des Repräsentativen/Rethinking Equality. The Decline of Representation. Essen: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/14516-die-gleichheit-neu-denken-der-verlust-des-repraesentativenrethinking-equality-the-decline-of-representation_42264, veröffentlicht am 16.08.2012. Buch-Nr.: 42264 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken