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Thilo Rohlfs

Die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse – ein Verfassungsprinzip des Grundgesetzes?

Frankfurt a. M. u. a.: Peter Lang 2008 (Verfassungs- und Verwaltungsrecht unter dem Grundgesetz 36); 192 S.; 39,- €; ISBN 978-3-631-58237-4
Rechtswiss. Diss. Kiel; Gutachter: E. Schmidt-Jortzig. – Die soziale Ungleichheit in Deutschland, die insbesondere im Ost-West-Verhältnis, aber auch im Nord-Süd- sowie Land-Stadt-Vergleich gegeben ist, stellt auf den ersten Blick einen Widerspruch zu den im Grundgesetz verankerten Formeln von der Gleichwertigkeit (Art. 72 Abs. 2 GG) beziehungsweise der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse (Art. 106 Abs. 2 Satz 4 Nr. 2 GG) dar. Die erste Norm, in der bis 1994 ebenfalls von „Einheitlichkeit“ statt „Gleichwertigkeit“ die Rede war, bezieht sich auf die Regelungen zur konkurrierenden Gesetzgebung und kann, so der Autor, „als eine Art ‚Schicksalsnorm’ des deutschen Föderalismus seit 1949“ (18) charakterisiert werden, denn sie galt immer auch als Argument für eine Aushöhlung der Gesetzgebungskompetenzen der Länder durch den Bund. Die zweite Norm bezieht sich auf die Verteilung von Erträgen aus der Umsatzsteuer. Rohlfs fragt, inwieweit die beiden Normen als Abgrenzungs- und Verteilungskriterien für die bundesstaatliche Ordnung taugen und ob sie ein verfassungsrechtliches Gebot darstellen. Dies geschieht im weiteren Kontext der Föderalismusreform, insbesondere hinsichtlich der Diskussion über die Einführung von Wettbewerbselementen und über die Neuregelung des Bundesgebietes. Im Mittelpunkt der Arbeit steht die inhaltliche Bestimmung beider Normen sowohl innerhalb ihres jeweiligen Normengefüges als auch in Verbindung mit anderen Normen und Prinzipien des Grundgesetzes. Konkretisiert wird diese anhand der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Nach sorgfältiger Abwägung gelangt Rohlfs zu dem Ergebnis, dass beide Formeln kein verfassungsrechtliches Gebot zur Vereinheitlichung darstellen. Sie seien vielmehr als „hintergründiges Konstitutionsprinzip“ im Sinne einer von der Verfassung anerkannten politischen Leitidee zu verstehen. Im Rahmen politischer Entscheidungen vermag der Begriff der „Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse“ in Art. 72 Abs. 2, anders als der Begriff der Einheitlichkeit, „grundsätzlich einen tauglichen Maßstab [...] zu liefern“ (178).
Anke Rösener (AR)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.32 | 2.325 Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Thilo Rohlfs: Die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse – ein Verfassungsprinzip des Grundgesetzes? Frankfurt a. M. u. a.: 2008, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/30510-die-gleichwertigkeit-der-lebensverhaeltnisse--ein-verfassungsprinzip-des-grundgesetzes_36220, veröffentlicht am 15.04.2009. Buch-Nr.: 36220 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken