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Tanja von Egan-Krieger

Die Illusion wertfreier Ökonomie. Eine Untersuchung der Normativität heterodoxer Theorien

Frankfurt a. M./New York: Campus Verlag 2014; 300 S.; kart., 34,90 €; ISBN 978-3-593-50193-2
Diss. St. Gallen; Begutachtung: K. Ott, P. Ulrich. – Tanja von Egan‑Krieger geht der Frage nach, ob ökonomische Theorien wertfrei sein dürfen, ja, ob sie es in erkenntnistheoretischer Perspektive überhaupt sein können. Die Frage ist weder neu, noch wurde sie bislang von der Disziplin übergangen – Egan‑Krieger verweist selbst auf den sogenannten Werturteilsstreit aus dem Jahre 1909, in dem es genau darum ging: „Müssen, dürfen, sollen ökonomische Theorien normative Gehalte beinhalten?“ (11) Aber gerade weil zeitgenössische ökonomische Studien, nicht zuletzt aus einem falsch verstandenen Abgrenzungsdenken gegenüber anderen sozialwissenschaftlichen Disziplinen, häufig auf die eigene Höherwertigkeit qua weltanschaulicher Neutralität verweisen, ist Egan‑Kriegers Studie nicht nur zu begrüßen, sie ist überaus wichtig für das sozialwissenschaftliche Selbstverständnis überhaupt. Den Kern der Arbeit bildet dabei die – anhand dreier ökonomischer Theorieansätze als Fallbeispielen eröffnete – Konfrontation der Standardökonomik mit heterodoxen Ansätzen. Neben der Feministischen Ökonomik und der Alten Institutionellen Ökonomik dient auch der Ansatz der Ökologischen Ökonomik als Kontrastfolie, um im Rahmen eines differenzierenden Abgleichs mehr oder minder implizite normative Vorannahmen einer sich als normativitätsentlastet begreifenden Mainstreamökonomik zu identifizieren. So kommt Egan‑Krieger unter anderem zu dem Schluss, dass eine wertfreie Ökonomik eine Illusion ist. Die untersuchten Ansätze etwa teilten in Form der Unterstellung diverser Konzepte „instrumenteller Rationalität“ (268) oder Fortschrittserwartungen sogar trotz aller inhaltlicher Unterschiedlichkeit gemeinsame normative Vorannahmen. Solange es der Ökonomie als integralem Bestandteil der Sozialwissenschaften nicht gelinge, diesen Befund anzuerkennen, ihn kritisch zu reflektieren und so zu einer „Werterhellung der ökonomischen Theorien“ (283) beizutragen, so lange blieben der Ökonomie wesentliche gegenwartsdiagnostische Interventionen verschlossen. Eine selbstreflexive „Politische Ökonomik“ (268) indes, so Egan‑Krieger, könne die „Finanzmarktkrise, die Ökonomisierung beziehungsweise Kolonialisierung unserer Lebenswelt [...], die zunehmend ungleiche Verteilung“ (283) und andere drängende Fragen unserer Zeit bearbeiten. Sie muss es nur wollen.
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Rubrizierung: 5.455.2 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Tanja von Egan-Krieger: Die Illusion wertfreier Ökonomie. Frankfurt a. M./New York: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38043-die-illusion-wertfreier-oekonomie_46305, veröffentlicht am 05.02.2015. Buch-Nr.: 46305 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken