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Ed Stuhler

Die letzten Monate der DDR. Die Regierung de Maizière und ihr Weg zur deutschen Einheit

Berlin: Ch. Links Verlag 2010; 247 S.; geb., 19,90 €; ISBN 978-3-86153-570-6
Der Autor beschreibt die kurze Phase eines halben Jahres: vom 18. März bis 2. Oktober 1990. Dabei handelt es sich um die Amtszeit des letzten und einzigen demokratisch legitimierten Kabinetts der DDR. Während die großen Namen wie Kohl, Gorbatschow oder Bush und Genscher immer wieder genannt werden, drohe das dreiundzwanzigköpfige Kabinett der Vergessenheit anheimzufallen. Man könne den Eindruck gewinnen, „als habe sich die Bundesrepublik mit sich selbst vereinigt“ (7). Anhand von Interviews mit einzelnen Ministern und Staatssekretären wirft der Autor Schlaglichter auf ausgewählte Politikbereiche. Diese Koalitionsregierung unter dem Ministerpräsidenten Lothar de Maizière bestand aus Christlich Demokratischer Union (CDU), Demokratischem Aufbruch (DA), Deutscher Sozialer Union (DSU), Sozialdemokratischer Partei (SPD) und dem liberalen Bund Freier Demokraten (BFD). SPD und BFD wären für eine parlamentarische Mehrheit nicht mehr nötig gewesen, da jedoch eine Zeit verfassungsändernder Beschlüsse anstand, war eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Fünf Punkte betrachtete die Regierung als zentral: Einführung der kommunalen Selbstverwaltung, Wiederherstellung der Länderstruktur, Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion, Angleichung der Rechtsordnungen und die Umsetzung des Zwei-plus-Vier-Prozesses zur Wiedervereinigung. Bei der Regierung handelte es sich zudem nicht um Politprofis. Viele kamen aus dem kirchlichen Umfeld, waren Wissenschaftler, Lehrer oder Techniker. So lässt sich Lothar de Maizière zu dem für bundesdeutsche Verhältnisse seltsam anmutenden Kommentar hinreißen, „mir wären ein paar Juristen im Kabinett lieber gewesen“ (18). Insofern war es auch Usus, den DDR-Ministerien westdeutsche Beamte zu leihen, was allerdings eher skeptisch betrachtet wurde. Sehr kritisch fallen auch in dieser Publikation die Ausführungen zu den Tätigkeiten der Treuhandanstalt aus. Walter Siegert, Staatssekretär im Ministerium für Finanzen, klassifiziert das Vorgehen der Treuhand als „unverantwortlich“ (147) und spricht von der Zerstörung der industriellen Grundlage des Landes.
Timo Lüth (TIL)
Student, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.314 | 2.315 Empfohlene Zitierweise: Timo Lüth, Rezension zu: Ed Stuhler: Die letzten Monate der DDR. Berlin: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/9657-die-letzten-monate-der-ddr_38388, veröffentlicht am 20.05.2010. Buch-Nr.: 38388 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken