Skip to main content
Hans-Martin Tillack

Die Lobby-Republik. Wer in Deutschland die Strippen zieht

Berlin: Hanser 2015; 349 S.; 24,90 €; ISBN 978-3-446-24777-2
Lobbyismus ist schädlich für das Wirken der Demokratie, argumentiert der Stern‑Reporter Hans‑Martin Tillack, der bereits zur Korruption in Deutschland veröffentlicht hat (siehe Buch‑Nr. 36499). Bei Lobbyismus gehe es prinzipiell um den „Gegensatz zwischen dem Allgemeinwohl einerseits und Partikularinteressen anderseits“, wobei bestimmte Interessen „besser organisiert und finanzstärker“ (20) seien als andere. Das Problem dabei: Nicht immer sei klar, „was das Interesse der Allgemeinheit“ (26) sei, mit dem die meisten Lobbyisten argumentierten. Geschätzt seien heute 5.000 bis 6.000 Lobbyisten in Berlin tätig. Die genaue Zahl sei unklar, da es in Deutschland, anders als in den USA, kein Verzeichnis aller Interessenvertreter gebe. In Brüssel existiere ein freiwilliges Verzeichnis, aus dem hervorgehe, dass im Jahr 2014 beispielsweise die Unternehmen Siemens 4,4 Millionen und Daimler 2,6 Millionen Euro für politische Einflussnahme in Brüssel ausgegeben haben. Anhand zahlreicher Beispiele erklärt Tillack, wer in Berlin für oder gegen was lobbyiert. So skizziert er, wie „die deutsche Exportindustrie für die Einführung des Euro trommelte“ (284), und berichtet, dass es oftmals darum gehe, „ungeliebte Reformen und Änderungen des Status quo zu verhindern“ (184). Lobbying birgt laut Tillack „viele Risiken und Nebenwirkungen“, aber er erkennt auch an, dass es „in der richtigen Dosierung und unter vernünftiger Aufsicht“ durchaus seine Berechtigung hat, da Verbände und Unternehmen „das Recht haben, ihre Interessen zu vertreten“ (20). Entscheidend ist für ihn dabei eine bessere Aufsicht. Daher macht er konkrete Vorschläge, wie der Einfluss des Lobbyismus zu begrenzen ist. Zentraler Punkt ist die Offenlegung der finanziellen und organisatorischen Rahmenbedingungen der Interessenvertretung durch ein gesetzlich verpflichtendes Lobbyregister. Weiterhin müsse das Parteiengesetz reformiert werden, indem die Schwelle, ab der Spenden zu veröffentlichen seien, von derzeit 10.000 Euro auf 2.000 Euro abgesenkt werde. Insgesamt verlangt Tillack mehr Transparenz, nicht nur im Bundestag, um Gesetzgebungsprozesse nachvollziehbarer zu machen, sondern auch in den Ministerien, wo Lobbyisten ein und aus gingen und „ganz offiziell zu einem frühen Zeitpunkt in die Erarbeitung neuer Gesetze eingebunden“ (324) seien. Tillacks Buch bietet viele Beispiele, warum diese Transparenz notwendig ist, zeigt aber gleichzeitig eindrücklich, warum diese Vorschläge wohl Wunschdenken bleiben werden.
{FH}
Rubrizierung: 2.331 Empfohlene Zitierweise: Falk Hartig, Rezension zu: Hans-Martin Tillack: Die Lobby-Republik. Berlin: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38529-die-lobby-republik_47153, veröffentlicht am 11.06.2015. Buch-Nr.: 47153 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken