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Gabor Steingart

Die Machtfrage. Ansichten eines Nichtwählers

München/Zürich: Piper 2009; 214 S.; 14,95 €; ISBN 978-3-492-05151-4
Der Spiegel-Journalist fühlt sich unwohl mit dem deutschen parlamentarischen Regierungssystem. Im Gegensatz zu anderen Kritikern nimmt Steingart aber kein Blatt vor den Mund: Es geht ihm weniger um Reform als um „Überwindung” (177) der durch die Parteien geprägten deutschen Verfassungsordnung, die zunehmend „matt und mechanistisch” (155) wirke und zu einer „Demokratie von oben” (166) geworden sei. Der Hauptvorwurf trifft die Parteien, die eine „indirekte Demokratie” (119) etabliert hätten. Schon bei der Gründung der Bundesrepublik hätten sich die Alliierten mit den deutschen Parteien zulasten des Volkes geeinigt; die Überhöhung der Parteien zur „Gottheit des Grundgesetzes” (100) sei ein „Geburtsfehler” (157) der Bundesrepublik. Grundsätzlich sieht Steingart Bürgergesellschaft und Parteienstaat in einem unüberbrückbaren Gegensatz, wobei er die Antwort schuldig bleibt, warum dies so sein soll. Nachdrücklich ruft er zur Wahlenthaltung auf; nur eine hinreichend große Zahl an Nichtwählern führe dazu, dass der Anreiz für die Parteien groß genug sei, das System zu reformieren. Die Nicht-Teilnahme an der Wahl wird zu einem politischen Statement verklärt, welches es wohl in der Praxis längst nicht immer sein dürfte. Er schließt mit einer Reihe an Reformvorschlägen: Mehrheitswahl, Abhängigkeit der Zahl der Abgeordneten von der Wahlbeteiligung, Direktwahl des Präsidenten, Beseitigung des maßgeblichen Einflusses der Parteien in Staat und Gesellschaft und schließlich die Einführung von Vorwahlen nach US-Vorbild. Überhaupt scheint Steingart das politische System der USA grundsätzlich als Vorbild für Deutschland zu sehen; es gehe um den „Weg zu einem deutschen Obama” (17). Obwohl der Autor konzediert, dass es derzeit keine „funktionstüchtige Alternative” zur Parteiendemokratie gibt, fordert er dennoch, zunächst die bestehende Ordnung niederzureißen: „Erst die Sehnsucht und dann” (177). Das Buch wird sicherlich nicht dazu beitragen, die repräsentative Demokratie in Deutschland zu schützen und zu stärken.
Sebastian Galka (SGA)
Doktorand, Institut für Sozialwissenschaften (Bereich Politikwissenschaft), Universität Kiel.
Rubrizierung: 2.3 | 2.31 | 2.331 | 2.35 Empfohlene Zitierweise: Sebastian Galka, Rezension zu: Gabor Steingart: Die Machtfrage. München/Zürich: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/30682-die-machtfrage_36443, veröffentlicht am 16.06.2009. Buch-Nr.: 36443 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken