Skip to main content
David Bankier

Die öffentliche Meinung im Hitler-Staat. Die "Endlösung" und die Deutschen. Eine Berichtigung

Berlin: Berlin Verlag Arno Spitz GmbH 1995; 299 S.; geb., 39,80 DM; ISBN 3-87061-478-1
Bankiers zusammenfassender Studie über die Einstellung der deutschen Gesellschaft zu NS-Regime und -Ideologie sowie insbesondere zum Antisemitismus während des Dritten Reiches liegen vor allem die sogenannten "Lageberichte" und "Situationsberichte" zugrunde - vertrauliche Stimmungsberichte aus der Bevölkerung von deutschen Sicherheitsdiensten und verschiedenen Staats-, Partei- und Amtsgruppen. Bankier weist nach, daß es zur NS-Zeit durchaus unterschiedliche Wahrnehmungen der Wirklichkeit des nationalsozialistischen Deutschland seitens der Bevölkerung und seitens der Machthaber gegeben hat. Er belegt, daß es bereits seit 1941 - mit Beginn der Niederlagen und der ersten Nachrichten von Massentötungen im Osten - in großen Bevölkerungsteilen einen massiven Rückzug von der antisemitischen Propaganda gegeben hat, "weil sie kollektive Schuld empfanden, Angst vor einer Vergeltung durch die Juden oder die Alliierten Mächte bekamen" (192), wobei gleichzeitig antijüdische Gefühle in der deutschen Gesellschaft fortexistierten. Ein Dissens gegenüber den Machthabern bestand nicht im Blick auf den Antisemitismus überhaupt, sondern hinsichtlich der ergriffenen Maßnahmen. Anhand des Quellenmaterials widerlegt er die Behauptung, daß die allgemeine deutsche Zivilbevölkerung erst nach dem Krieg und dem Sturz der NS-Diktatur von den an den Juden begangenen Verbrechen Kenntnis erlangt hat.
Julia Schmidt-Häuer (JSH)
Dr., Referentin im wissenschaftlichen Dienst der SPD-Bürgerschaftsfraktion in Bremen.
Rubrizierung: 2.312 Empfohlene Zitierweise: Julia Schmidt-Häuer, Rezension zu: David Bankier: Die öffentliche Meinung im Hitler-Staat. Berlin: 1995, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/475-die-oeffentliche-meinung-im-hitler-staat_231, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 231 Rezension drucken