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Wolfgang Kraushaar (Hrsg.)

Die RAF und der linke Terrorismus

Hamburg: Hamburger Edition 2006; 1.415 S.; geb., 78,- €; ISBN 978-3-936096-65-1
„Wie ist ein Phänomen wie der RAF-Terrorismus situiert gewesen, wo lagen seine Grundstrukturen und wie waren deren Elemente untereinander angeordnet?“ (14) Um diese Fragestellung gruppieren sich mehr als 60 Beiträge, in denen die unterschiedlichsten Aspekte des linken Terrorismus nahezu erschöpfend analysiert werden. Einleitend hebt der Herausgeber die Unterschiede zwischen diesem linksextremen Phänomen und den gegenwärtigen islamistischen Terroristen hervor. Letztere ermordeten willkürlicher mehr Menschen, organisierten sich in multiplen Netzwerken und verstünden den Selbstmord als Teil der Tat. Schnell wird deutlich, dass sich die RAF aus völlig anderen Ursprüngen ableitete – aber auch, dass sie sich zwar selbst nicht als terroristisch klassifizieren wollte, sich aber „in kürzester Zeit in einer Dynamik verfing, die sie mehr oder weniger zwangsläufig zu einer terroristischen Organisation werden ließ“ (22). Kraushaar hebt hervor, dass dieser „Ausbruch der Bürgersöhne und -töchter“ (25) zwar eine fundamentale Misstrauenserklärung gegenüber Staat und Gesellschaft war, diese ihre Aktionen aber nicht einmal gegenüber der linken Öffentlichkeit legitimieren konnten. In den ersten Beiträgen wird der linke Terrorismus grundsätzlich definiert, es folgen weitere über Ideologien und Theorien. Anschließend werden die RAF und ihre Akteure dargestellt sowie die Querverbindungen beispielsweise zum Vietnamkonflikt, es geht um die Auffälligkeit, dass viele Terroristen protestantisch geprägt waren, sowie um den Anteil der Frauen. Vorgestellt werden auch andere bewaffnete Gruppierungen in der Bundesrepublik. Im zweiten Band wird das Thema weiter aufgefächert, internationale Parallelorganisationen dargestellt, außerdem unter anderem die Rolle von linken Anwälten und die Reaktion des Staates analysiert sowie die terroristische Kommunikation und die RAF in der deutschen Belletristik dargestellt. Deutlich wird in diesen durchgängig lesenswerten Analysen, dass die RAF trotz der kurzen Aufgeregtheit um eine mögliche Begnadigung von Christian Klar zur Zeitgeschichte geworden ist.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.372.252.682.652.3314.41 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Wolfgang Kraushaar (Hrsg.): Die RAF und der linke Terrorismus Hamburg: 2006, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/26896-die-raf-und-der-linke-terrorismus_31390, veröffentlicht am 16.08.2007. Buch-Nr.: 31390 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken