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Christoph Reuter

Die schwarze Macht. Der "Islamische Staat" und die Strategen des Terrors

Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt 2015; 351 S.; geb., 19,99 €; ISBN 978-3-421-04694-9
Christoph Reuter, ein Experte des Krieges in Syrien, analysiert die Entstehungsgeschichte des Islamischen Staates und erklärt, warum das Kalkül der fanatischen Terroristen unterschätzt wird. Diese Wahrnehmung untermauert er unter anderem mit Blick auf Haji Bakr, dem inzwischen getöteten Strategen der Terrororganisation. Mit ihm lassen sich deren Ausrichtung und Ziele aufzeigen. Haji Bakr habe sich nicht für Menschen interessiert, ihm sei es „um Funktionen“ (33) gegangen und um die „schrittweise Machtübernahme in syrischen Kleinstädten“ (34). Den „ambitionierten Plan“ (22), einen islamischen Staat zu gründen, habe er mit seiner Bewegung schon seit 2006 verfolgt, von 2006 bis 2008 sei er in Gefängnissen wie Abu Ghraib und im US‑Gefangenenlager Camp Bucca inhaftiert gewesen. Reuter konstatiert, dass die Terrororganisation taktisch vorgeht: mal zieht sich der Islamische Staat zurück, mal geht er in die Offensive. In der Rückschau auf die Geschichte des IS stellt Reuter fest, dass dieser von Anbeginn eine Terrororganisation gewesen ist und dabei durchaus ähnlich wie die irakische Baath‑Partei agierte – nach Säuberungen und Hinrichtungen „wurde der Islamische Staat im Irak von den alten Baath‑Kadern übernommen“ (52). Der frühere Offizier der irakischen Armee Haji Bakr kämpfte im Laufe der Zeit sowohl gegen die Schiiten als auch gegen die Amerikaner – war er früher ein Soldat des Diktators Saddam Hussein, diente er nun dem Islamischen Staat wie ein Stasi‑Offizier für ein „Stasi‑Kalifat“ (30), plante die Unterwerfung Nordsyriens und warb „intelligente Gefolgsleute“ (31). Die Klügsten machte er zu Scharia‑Scheichs. Reuter schreibt: „Von Anfang an geplant war, das die Geheimdienste parallel arbeiteten, selbst auf Provinzebene“ (32). Der Autor macht in seinem Buch deutlich, dass alte Geheimdienstler wie Haji Bakr mit einem eigenen Machtkalkül an der Spitze der terroristischen Bewegung des Islamischen Staates agieren. Er stellt schließlich fest, dass am Ende der Islamische Staat sich selbst zum größten Gegner werden könnte: „Denn der Ruf zum Dschihad ist grundsätzlich ein grandioses Mittel zum Machterwerb, aber ein schlechtes Mittel zum Machterhalt.“ (329) Reuter geht davon aus, dass eine Desillusionierung innerhalb des Kalifats eines Islamischen Staates von innen kommen werde und damit auch dessen Untergang und „nicht durch Angriffe von außen.“ (330) Die Informationen, die der Autor benutzt, sind authentisch. Er hat diese persönlich auf seinen Reisen in dem Gebiet gesammelt.
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Rubrizierung: 4.412.63 Empfohlene Zitierweise: Wahied Wahdat-Hagh, Rezension zu: Christoph Reuter: Die schwarze Macht. Stuttgart: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38651-die-schwarze-macht_47111, veröffentlicht am 16.07.2015. Buch-Nr.: 47111 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken