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Albrecht von Lucke

Die schwarze Republik und das Versagen der deutschen Linken

München: Droemer 2015; 232 S.; 18,- €; ISBN 978-3-426-27667-9
Angela Merkel forever – das ist das überspitzt formulierte Szenario, an dem sich Albrecht von Lucke, renommierter politischer Kommentator und kritischer Beobachter, abarbeitet: Der parlamentarischen Linken und „der SPD droht die dauerhafte strukturelle Regierungsunfähigkeit, vergleichbar ihrer Nischenexistenz in den 50er‑Jahren“ (11). Dieses Szenario beinhaltet wesentliche Implikationen: Gegenwartsdiagnostisch ist dies die nicht gegebene politische Mehrheits‑ und Regierungsfähigkeit der parlamentarischen Linken. Perspektivisch geht es ihm um die Frage, ob und wie Abhilfe möglich ist. Die Ursachen für einen – was Deutschland anbelangt – seit nunmehr über zehn Jahren andauernden Niedergang der Linken, und hier insbesondere der Sozialdemokratie, sind schnell benannt. Da wären zunächst die unter Bundeskanzler Gerhard Schröder veranlassten Arbeitsmarktreformen unter der Bezeichnung Agenda 2010: Angesichts wachsender sozialer Spannungen, so Lucke, habe die Einführung von Hartz IV nicht nur die ordnende Rolle des Staates geschwächt. Sie habe zudem eine „‚Ideologie der Ausblendung’ der wachsenden Ungleichheit zum Gesetz“ (49) erhoben. Zu diesem programmatischen Ursachenbündel komme ein personelles: Oskar Lafontaine. „Hartz IV war die Geburtsstunde der Linkspartei – und der Beginn des Comebacks Oskar Lafontaines. Nur durch den Ex‑SPD‑Vorsitzenden kam es 2005 zur Fusion von WASG und PDS. Am Ende dieser Entwicklung steht, in fataler linker Tradition, die Spaltung der deutschen Linken.“ (52) Soweit die Diagnose Luckes – was also tun? „Fest steht: Eine Politik des Machtverzichts oder der Preisgabe möglicher Verantwortung aufgrund innerlinker Zerstrittenheit ist mit dem Vermächtnis Willy Brandts nicht zu vereinbaren.“ (179 f.) Brandt, erster sozialdemokratischer Bundeskanzler, hatte nicht nur die Sozialdemokratie mit über einer Million Mitglieder zur personell stärksten bundesdeutschen Partei gemacht – Zahlen, von denen sie heute nur träumen kann. Brandt habe, so Lucke, auch die Notwendigkeit gesehen, das linke Lager zu einen. Diese Einigung habe sich an einer neuen „Leitidee“ (197) auszurichten, die in der Behauptung von Gleichheit und Gerechtigkeit gegen die Verwerfungen des neoliberalen Kapitalismus bestehen müsse. Derlei, so Lucke abschließend, werde indes nur auf europäischer Ebene erfolgreich zu leisten sein. Das seien die zentralen Herausforderungen, deren Bewältigung für die parlamentarische Linke auch heute wieder anstehen. Gelingt das nicht, gilt Satz eins.
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Rubrizierung: 2.331 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Albrecht von Lucke: Die schwarze Republik und das Versagen der deutschen Linken München: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39491-die-schwarze-republik-und-das-versagen-der-deutschen-linken_47929, veröffentlicht am 03.03.2016. Buch-Nr.: 47929 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken