Skip to main content
Alexandra Nepit

Die SED unter dem Druck der Reformen Gorbatschows. Der Versuch der Parteiführung, das SED-Regime durch konservatives Systemmanagement zu stabilisieren

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2004 (Extremismus und Demokratie 8); 445 S.; brosch., 59,- €; ISBN 3-8329-0486-7
Politikwiss. Diss. Chemnitz; Gutachterin: B. Neuss. - „Von der Sowjetunion lernen, heißt siegen lernen" (16) - mit der Amtsübernahme Gorbatschows als KPdSU-Generalsekretär im März 1985 geriet dieser scheinbar unumstößliche Grundsatz der SED ins Wanken. Die Autorin beschreibt die Reaktionen der SED-Führung auf die Gorbatschow'schen Reformen für den Zeitraum bis zum Sommer 1989 auf zwei Ebenen. Zum einen untersucht sie die Haltung der SED-Führung und besonders Honeckers gegenüber Gorbatschow. Nepit beschreibt, wie das anfänglich durchaus wohlwollende Interesse an dem neuen Kurs, von dem man sich in erster Linie abrüstungs- und deutschlandpolitische Impulse versprach, schrittweise zu einer strikten Abwehrhaltung wurde. Dies zeigte sich schließlich unter anderem in dem Publikationsverbot sowjetischer Zeitschriften und Filme in der DDR sowie einer Zensur der Reden Gorbatschows. Während die Beschreibung dieser Entwicklung wenig Neues birgt, gelingt es Nepit im zweiten Teil, die Frage nach einem Reformpotenzial innerhalb der SED auszuloten. Als Folge des demokratischen Zentralismus, des Verbots der Gruppenbildung, der Tatsache, dass Honecker keinen Widerspruch vertrug und des Umstandes, dass die Führungsspitze relativ luxuriös lebte, verschafften nur wenige Genossen „ihrer Unzufriedenheit öffentlich Luft" (283). Auch zaghafte interne Reformvorschläge wie die des Chefs der Plankommission Schürer seien sofort im Keim erstickt worden. Selbst Modrow, dem der Ruf eines Gorbatschow-Anhängers vorauseilte, habe die ideologischen Prinzipien der DDR nicht infrage gestellt. Allerdings weist Nepit am Beispiel der Eingaben nach, wie der Unmut angesichts der Reformunwilligkeit der SED-Führung an der Parteibasis und in der Bevölkerung zunahm. Auch zeigten die steigenden Zahlen von Parteiverfahren, Streichungen aus der Parteiliste sowie Austritten die Unzufriedenheit in der Bevölkerung. Die SED-Führung habe außer mit Repression auch mit dem Versuch reagiert, die sowjetische Reformpolitik zu „desavouieren, indem sie die Medien immer häufiger über die Katastrophen, Unfälle und Unruhen in der Sowjetunion berichten ließ" (396). Lediglich die Rolle der westlichen Medien, die für weite Teile der DDR-Bevölkerung eine wichtige Informationsquelle waren, kommt in dieser Analyse etwas zu kurz.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.314 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Alexandra Nepit: Die SED unter dem Druck der Reformen Gorbatschows. Baden-Baden: 2004, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/21094-die-sed-unter-dem-druck-der-reformen-gorbatschows_24606, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 24606 Rezension drucken