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Henning Füller / Nadine Marquardt

Die Sicherstellung von Urbanität. Innerstädtische Restrukturierung und soziale Kontrolle in Downtown Los Angeles

Münster: Westfälisches Dampfboot 2010 (Raumproduktionen: Theorie und Gesellschaftliche Praxis 8); 332 S.; 39,90 €; ISBN 978-3-89691-860-4
Gemeinsame Diss. Frankfurt/M.; Gutachter: S. Heeg, R. Pütz, G. Glasze. –Gegenwärtig erlebt die Stadtforschung eine Renaissance, zumal seit 2007 die Mehrheit der Menschen in Städten lebt. „Urbanität“, schreiben die Autoren entsprechend euphorisch, „erscheint als ein Mittel zur Lösung unterschiedlichster Probleme und ist [...] explizit eine Zielvorstellung gegenwärtiger Restrukturierungsbemühungen“ (43). Dabei verstehen sie unter Urbanität einen Sammelbegriff, mit dem jenseits der Wiederentdeckung städtischen Lebens die Stadt selbst als Problemlösungsmechanismus für soziale, ökonomische und ökologische Schieflagen gleich welcher Art begriffen wird. Urbanität wird zu einem diffusen Konzept, in dem sich nicht mehr bloß, wie Max Weber es in seiner Studie über „Die Stadt“ (1905) formuliert hatte, sozialer Aufstieg und politische Emanzipation durch kapitalistische Interaktion verwirklichen lassen. Urbanität ist zu einem schillernden Begriff voller Hoffnung geworden. Ob diese Hoffnung trügt oder trägt, erörtern die Autoren am Beispiel von Los Angeles, das hinsichtlich seiner defizitären Sicherheitskonzeption bei den Los Angeles Riots (1992) Gegenstand zahlreicher sozial- und militärwissenschaftlicher Analysen geworden ist. Neben der ersten thematischen Säule, in der das theoretische Konzept von Urbanität umrissen wird (Kapitel eins bis fünf), geht es in der zweiten Säule (Kapitel sechs bis neun) um dessen empirische Umsetzung. Los Angeles als aktuell zweitgrößte Metropolregion der USA biete sich als Fallbeispiel deshalb an, so die Autoren, weil ihr in der Stadtforschung eine Sonderrolle zukomme: „Für die Los Angeles School of Urbanism ist die amporphe, postindustriell-globalisierte Metropole in Südkalifornien das Sinnbild gegenwärtiger städtischer Entwicklungsdynamiken schlechthin“ (106). Auch wenn diese Einschätzung von Los Angeles als prototypischer Stadt in der Fachdebatte nicht unwidersprochen geblieben ist, so wird hinsichtlich des Aspekts der „sichergestellten Urbanität“ deutlich, das der „innerstädtische Restrukturierungsprozess auf die Form und den Umfang sozialer Kontrolle“ (290) zurückwirkt. Es bliebe zu untersuchen, ob die urbane Freiheit auch in Deutschland eine trügerische ist.
Matthias Lemke (LEM)
Dr. phil., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.64 | 2.21 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Henning Füller / Nadine Marquardt: Die Sicherstellung von Urbanität. Münster: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33258-die-sicherstellung-von-urbanitaet_39767, veröffentlicht am 19.01.2011. Buch-Nr.: 39767 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken